Zusammenprall Tränen nach Urteil um Tod von Kindern bei illegalem Rennen
Die Richter am Landgericht Hannover werten den Unfalltod von zwei kleinen Brüdern nicht als Mord. Damit blieb ihr Urteil unter der Forderung der Staatsanwaltschaft. Dennoch sollen beide Angeklagten ins Gefängnis.
Hannover - Nach dem Unfalltod von zwei kleinen Jungen infolge eines illegalen Autorennens ist die Hauptangeklagte vom Landgericht Hannover zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt worden. Ihr Kontrahent bei dem verbotenen Rennen im Februar 2022 erhielt eine vierjährige Freiheitsstrafe. Ursprünglich waren die Frau und der Mann wegen Mordes beziehungsweise Beihilfe zum Mord angeklagt gewesen. „Wir gehen nicht von einem Tötungsvorsatz aus“, sagte der Vorsitzende Richter Martin Grote am Montag. Die Angeklagten wurden nun wegen eines unerlaubten Kraftfahrzeugrennens mit Todesfolge verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Die Strafkammer sah es als erwiesen an, dass die beiden 40-Jährigen mit ihren PS-starken Autos mit bis zu 180 Kilometern pro Stunde nebeneinander hergerast waren. Erlaubt war auf der einspurigen Straße in der Nähe von Barsinghausen Tempo 70. In einer Kurve verlor die Frau die Kontrolle über ihren Wagen, der mit entgegenkommenden Fahrzeugen zusammenprallte.
Das Auto einer Familie wurde auf einen Acker geschleudert, die ordnungsgemäß angeschnallten zwei und sechs Jahre alten Kinder auf der Rückbank starben. Die Eltern der getöteten Brüder traten im Prozess gegen die Polin und den Deutschen als Nebenkläger auf. „Ich habe mit mindestens zehn Jahren gerechnet“, sagte der Vater nach der Urteilsverkündung enttäuscht. „Die kommen nach sechs Jahren raus und können wieder mit ihren Kindern spielen, ich habe mein ganzes Leben meine Kinder verloren.“ Der Strafrahmen für unerlaubte Kraftfahrzeugrennen mit Todesfolge liegt zwischen einem und zehn Jahren.
Die Mutter der getöteten Brüder brach in Tränen aus, als ihr Mann von den Söhnen sprach und sagte, dass seine Frau als Folge des Unfalls noch zwei Operationen vor sich habe. Laut Nebenklage-Anwalt Jens Kastner waren der Zweijährige und der Sechsjährige die einzigen Kinder des Paares. Ihr Leid sei unermesslich.
Die Angeklagten, selbst Eltern, waren am Nachmittag der Tat auf dem Heimweg von der Arbeit. Sie kannten sich zuvor nicht. Beide bestreiten, ein Rennen veranstaltet zu haben. Laut Aussage von Zeugen soll die Frau allerdings mehr als 500 Meter auf der Gegenfahrbahn gerast sein, um ihren Rivalen zu überholen. Nach Überzeugung der Kammer beschleunigte der 40-Jährige, weil er sich mit der Frau messen wollte. Dies sei auch auf den Videoaufnahmen einer Dash-Cam zu sehen, die den Unfall zufällig filmte.
Die Eltern der getöteten Jungen und ein weiterer Autofahrer wurden bei dem Unfall schwer verletzt. Daher wurden die 40-Jährigen zudem wegen fahrlässiger Körperverletzung verurteilt. Über die zierliche Polin, die dreifache Mutter und bereits Oma ist, hatten Zeugen ausgesagt, dass sie immer rücksichtslos gefährlich fahre. Der psychiatrische Gutachter stufte sie als geltungsbedürftige, empathielose Persönlichkeit ein. „Sie bereut die Tat, auch wenn sie in erster Linie um sich selbst trauert“, sagte Richter Grote. Die Frau war im September in ihrem Heimatland festgenommen worden und sitzt seitdem in Untersuchungshaft.
Der zu vier Jahren Freiheitsstrafe verurteilte 40-Jährige war bisher nicht in Untersuchungshaft. Laut Gericht zeigte der Familienvater „ehrliche Reue“. Sein Verteidiger Roman von Alvensleben hatte einen Freispruch beantragt. Sein Mandant trage keine strafrechtliche Verantwortung, meinte der Anwalt in seinem Plädoyer - „vielleicht war er zur falschen Zeit am falschen Ort“. Die Verteidigerinnen der Frau hatten um eine „milde Strafe“ für ihre Mandantin gebeten.
Das Gericht blieb in seinem Urteil unter den Forderungen der Staatsanwaltschaft. Die Anklagebehörde hatte für eine lebenslange Freiheitsstrafe unter anderem wegen Mordes für die 40-Jährige plädiert. Im Falle einer Verurteilung wegen eines verbotenen Rennens mit Todesfolge hatte sie eine Strafe von mindestens acht Jahren gefordert, für den Mitangeklagten von fünf Jahren.