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Insektenvielfalt Trend zum Imker - Kiekeberg vermittelt Wissen

Das eigene Gemüse züchten oder ein Bienenvolk halten, liegt im Trend: immer mehr Menschen imkern. Weil die Arbeit mühsam ist, hören viele wieder auf. In Kursen wird am Kiekeberg Wissen vermittelt.

Von dpa 02.08.2025, 05:30
Hermann Benesch, Vorsitzender des Imkervereins am Kiekeberg, kontrolliert auf dem Museumsgelände einen Bienenstock.
Hermann Benesch, Vorsitzender des Imkervereins am Kiekeberg, kontrolliert auf dem Museumsgelände einen Bienenstock. Philipp Schulze/dpa

Rosengarten - Rund eine halbe Million Honigbienen summen und schwirren im Freilichtmuseum am Kiekeberg umher. Sie haben beste Bedingungen inmitten alter Apfel- und Birnbäume sowie diverser Pflanzen. Anfang August - kurz nach der Ernte - hätten die Bienenvölker ihren höchsten Stand, erklärt Hermann Benesch, Vorsitzender des Imkervereins am Kiekeberg in Rosengarten im Landkreis Harburg. 

Mit einem Smoker bringt er Rauch aus, um die Tierchen zu beruhigen. „Bienen sind schlau, ihr Geruchssinn ist tausendmal stärker als der eines Hundes“, erklärt der Imker. Rasenmäherbenzin, Parfum oder Knobloch seien ein rotes Tuch, machten sie ganz wild. Sein profundes Wissen vermittelt er in Imkerkursen, die über ein ganzes Bienenjahr gehen. Bis zu 35 Teilnehmer sind pro Kurs möglich, er kostet 240 Euro. „Man sollte als Imker nicht anfangen ohne Wissen“, sagt Benesch.

Hoher Zeitaufwand am Bienenstock

Die Arbeit mache Freude, sei aber mühsam. Deswegen würden die meisten jungen Imker nach zwei Jahren aufgeben. „Man darf den Zeitaufwand nicht unterschätzen, ein Anfänger braucht Stunden für die Durchsicht eines Bienenvolks“, so Benesch, der von seinen sanftmütigen Bienen umschwärmt wird. Auch, nachdem er Handschuhe und Kopfschutz abgenommen hat, droht kaum Gefahr. Gestochen wurde er nach eigenen Angaben fast nie. 

In den Lehrgängen, in denen zuletzt mehr als die Hälfte Frauen dabei waren, rät er oft zu einer halben statt ganzen Zarge als Zuhause im Bienenstock. So eine volle Schublade, in der die Rahmen mit den Waben hingen, wiege an die 40 Kilogramm, das sei für viele zu schwer. 

Honigbienen haben einen Arbeitsradius von bis zu drei Kilometern 

Am Tag der Honigbiene am Sonntag am Kiekeberg wird erklärt, dass Honigbienen im Umkreis von bis zu drei Kilometern um ihren Stock den Nektar aus den Blüten saugen und ihn nach Hause bringen. Sie sind treu und kehren in der Regel zu ihrem Stock zurück, am Flugloch achten Artgenossen darauf, dass Fremde keinen Zutritt erlangen. 

Aus ihrer Honigblase, die dem eigentlichen Verdauungssystem vorgelagert ist, geben sie die wertvolle Fracht in die Waben ab. Der Honig wird von anderen Bienen bearbeitet, bis er reif ist – und dann in die Zellen der Wabe abgelegt. Wenn die Zelle gefüllt ist, wird sie von den Bienen mit einem Wachsdeckel verschlossen. 

Ein Stock kann 30 bis 50 Kilogramm Honig im Jahr bringen, zweimal wird geerntet, im Mai/Juni und im Spätsommer Juli/August. Die Erträge schwanken je nach Wetter stark. 

Der Imkerverein stellt Bienenschaukästen auf und informiert über die Relevanz für das Ökosystem. Jede Biene hat im Stock – je nach Lebensalter – einen bestimmten Job. Manche sind Wächterbienen und stehen am Flugloch, wo die Bienen rein- und rausfliegen. Dann gibt es Ammenbienen, die sich um die Larven kümmern. Die Arbeiterinnen sind die weiblichen Bienen, die Drohnen die männlichen. 

Regionaler Honig Mangelware

Die Königin, die die Mutter aller Bienen im Stock ist, ist die Einzige, die bis zu vier Jahre alt wird. Im Alter von acht bis zehn Tagen hat sie sich mit etwa 30 Drohnen in der Luft gepaart und geht sparsam mit den Spermavorräten um. Dadurch ist sie in der Lage, im Sommer täglich bis zu 2.000 befruchtete Eier zu legen, aus denen sich die Bienenlarven entwickeln. Raps, Akazien, Linden, Klee, Brombeeren und viele andere Nektarquellen prägen den Geschmack der geernteten Blütenhonige.

Besonders wichtig ist Benesch der regionale Honig, der nur 21 bis 25 Prozent des deutschen Bedarfs decke. „Die meisten Industrieprodukte sind gepanscht“, sagt der Fachmann: „Wenn das Glas nicht aus der EU kommt, ist meistens Reissirup aus China beigemischt.“ Zudem wisse man nichts über den Einsatz von Pestiziden. 

Darauf achtet der Imker stark. Wenn er mit einem Bienenvolk in der Umgebung unterwegs ist, um die Obstbäume auf Plantagen zu bestäuben, dürfen die Landwirte vorher nicht spritzen. Im Alten Land werden sogar Prämien gezahlt, wenn Imker mit ihren Bienen vorbeikommen, weil es einfach viel zu wenig gibt. 

In früheren Zeiten waren die Lebensräume für wilde Bienen idealer - durch Landwirtschaft und städtische Bebauung sind sie eingeschränkt worden. Und die Zucht trug zum Lebensunterhalt bei. „Die Imkerei war neben der Schafzucht in der kargen Lüneburger Heide ein wichtiger Wirtschaftszweig“, erzählt Museumsdirektor Stefan Zimmermann.