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Uwe Steimle Kabarettist will trotz Verbots Texte von Victor Klemperer lesen

Von Uwe Kreißig Aktualisiert: 03.11.2023, 11:35
Uwe Steimle
Uwe Steimle Foto: IMAGO/Andreas Weihs

Der Satiriker und frühere Polizeiruf-Kom missar Uwe Steimle (60) will trotz eines Verbots des Reclam-Verlags am 9. November aus dem Buch „LTI“ (Lingua Tertii Imperii - Die Sprache des Dritten Reiches) des Dresdner Philosophen Victor Klemperer in Dresden lesen.

Der Romanist und Literaturwissenschaftler Victor Klemperer hatte nach seiner Entlassung aus dem Öffentlichen Dienst die mörderischen Judenverfolgungen der NS-Zeit nur durch den Einsatz seiner nichtjüdischen Ehefrau überlebt. Zwischen 1945 und 1947 schrieb Klemperer das Buch, das auch noch in den achtziger Jahren in der DDR als Reclam-Taschenbuch erhältlich war.

2019 hatte sich der MDR von Steimle getrennt, was seinerzeit zu Diskussionen geführt hatte. Grund seien wiederholte öffentliche Vorwürfe gegen den Sender gewesen, hatte der damalige MDR-Programmdirektor Wolf-Dieter Jacobi mitgeteilt. Die MDR-Sendung "Steimles Welt", die vier Mal im Jahr ausgestrahlt wurde, war daher nicht mehr fortgesetzt worden.

Steimle habe wiederholt die Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks infrage gestellt, so Jacobi. In einem Interview mit der "Jungen Freiheit" habe der 56-Jährige dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk 2018 "mangelnde Staatsferne" vorgeworfen.

Später kamen vielfach Vorwürfe, Steimle sei ein Vertreter der „Neuen Rechten“. Steimle verweist hier auch auf die Freundschaft zu Uwe Dzuiballa. Der jüdische Bürger betreibt in Chemnitz das Restaurant „Schalom“. Steimle verfügt trotz der Kritik in Ostdeutschland weiterhin über eine stabile Fanbasis.

Steimle verwundert aber auch mit unhaltbaren Ansichten. So halte er den russischen Präsidenten Wladimir Putin "für einen klugen Politiker, der bis jetzt noch seine sieben Sinne beisammen hat", berichtete das Portal „t-online.de“ im Mai dieses Jahres. Er könne nur hoffen, dass Putin immer gute Berater habe und sich "immer vom Herzen treiben" lasse. "Ich schätze ihn als Menschen sehr“, zitierte ihn das Portal.

Als Mitleser der Lesung „... die Sprache bringt es an den Tag“ sind die frühere Grünen-Fraktionschefin im Sächsischen Landtag, Antje Hermenau, und der ostdeutsche CDU-Politiker Arnold Vaatz angekündigt. Möglicherweise kommen noch weitere Vorleser hinzu, die bislang nicht bekannt sind. Zu der Veranstaltung hatte die Fraktion der Freien Wähler des Dresdner Stadtrats eingeladen. An welchem Ort die Veranstaltung stattfinden wird, war am Donnerstag wieder unklar.

Parallel kam es zu einer erneuten Wendung. Nach Auskunft der Veranstalter verfüge Reclam nicht über die Bühnenrechte des Werks. Diese lägen bei der Gustav Kiepenheuer Bühnenvertriebs GmbH. Von dieser habe man die Genehmigung eingeholt.

Man werde die Lesung mit Texten des jüdischen Autors - wohl auch bei einer nachträglichen Kündigung der Rechteinhaber - in jedem Fall durchführen, hieß es gestern aus dem Umfeld der Veranstalter.

Aktualisiert: 2.11.23, 23.50 Uhr