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Landgericht Von Ziege „aufs Korn“ genommen? Unfall in Gehege vor Gericht

Schuldet ein Tierpark einer Krankenkasse Geld, weil eine Ziege eine Besucherin im Streichelgehege zu Fall gebracht hat? Damit befasst sich ein Gericht, wie auch mit dem Geschlecht des Tieres.

Von Christopher Hirsch, dpa Aktualisiert: 03.12.2025, 15:13
Ein eher ungewöhnlicher Fall beschäftigt am Mittwoch das Landgericht Stralsund: Der Unfall einer Frau, die nach eigener Aussage von einer Ziege in einem Streichelgehege zu Fall gebracht wurde.
Ein eher ungewöhnlicher Fall beschäftigt am Mittwoch das Landgericht Stralsund: Der Unfall einer Frau, die nach eigener Aussage von einer Ziege in einem Streichelgehege zu Fall gebracht wurde. Stefan Sauer/dpa

Stralsund - In Streichelzoos sollen sich Mensch und Tier eigentlich friedlich näherkommen. Doch die Begegnung einer Urlauberin mit einer Ziege im Streichelgehege des Vogelpark Marlows in Mecklenburg-Vorpommern ist nun Gegenstand eines Verfahrens am Landgericht Stralsund. 

Eine inzwischen 63-Jährige aus dem Landkreis Wittenberg hatte das Gehege nach eigener Aussage mit ihrer Tochter, ihrem Schwiegersohn und ihrem Enkel im Sommer 2023 während ihres Urlaubs besucht. Dort habe sie „plötzlich einen ordentlichen Rums in meine Kniekehle bekommen“, sagte sie als Zeugin in der Verhandlung am Mittwoch. Die Altenpflegerin musste später am Knie operiert werden und war etwa ein Jahr lang krankgeschrieben.

Ihre Krankenkasse, die Salus BKK, klagt gegen den Vogelpark. Sie fordert von ihm mehr als 31.000 Euro, etwa für die Behandlung der Frau oder auch Krankengeldzahlungen. Auch mögliche künftige Kosten will die Kasse geltend machen.

„Auf's Korn genommen“ oder „im Weg“? Zeugen sagen aus

Dass die Frau am 12. Juli von einer Ziege zu Fall gebracht wurde, dahingehend stimmten die Zeugenaussagen während der Verhandlung am Mittwoch weitgehend überein. Wie genau es dazu kam, bleibt aber unklar.

Ein weiterer Urlauber, ebenfalls aus Sachsen-Anhalt, sagte: „Die hat die voll aufs Korn genommen.“ Demnach soll das Tier einzeln zielgerichtet auf die Frau losgelaufen sein. Der Schwiegersohn der Geschädigten sagte hingegen aus, eine große Gruppe Ziegen sei aus irgendeinem Grund in eine bestimmte Richtung des Geheges losgerannt. „Sie stand halt genau im Weg.“

Die Zeugen schilderten die Ziegen als aufdringlich, besonders in ihrem Bemühen um Futter.

„Ein kleines kräftiges Ziegentier mit Hörnern“

Laut Klage der Krankenkasse ging der Angriff von einem aggressiven Ziegenbock aus. Zudem seien die Tiere ausgehungert gewesen. „Es war jedenfalls ein kleines kräftiges Ziegentier mit Hörnern“, sagte die Rechtsanwältin der Krankenkasse. Da bei der entsprechenden Art - den Afrikanischen Zwergziegen - auch Weibchen Hörner haben, sei das Geschlecht nicht ganz klar.

Die zoologische Leiterin des Vogelparks sagte vor Gericht, es seien keine männlichen Tiere auf der Anlage gewesen. Afrikanische Zwergziegen würden in fast allen deutschen Zoos in Streichelgehegen gehalten, so wie auch in Marlow. Es handle sich um freundliche Tiere. Bei den Ziegen habe es in Marlow ihres Wissens bislang keinen Vorfall wie diesen gegeben, der nun strittig wurde. „Es sind vor allem eigentlich die Affen, die mal jemanden beißen.“ 

„Luxustier“ oder Nutztier? Entscheidung vor Weihnachten

Die Tiere würden auch nicht hungern, sagte die ausgebildete Tierärztin. Als Wiederkäuer brauchten sie permanent Futter, daher hätten sie auch rund um die Uhr Zugang etwa zu Heu. Nach dem in Tütchen an Besucher verkauften Pellet-Futter hätten die Ziegen so sehr gestrebt, weil es ihnen besonders gut schmecke, nicht weil sie hungrig seien.

Laut Richterin kommt gegebenenfalls ein Delikt nach Paragraf 833 des Bürgerlichen Gesetzbuches infrage, der die Tierhaftung für Halter regelt. Dafür müsse aber geklärt werden, ob es sich rechtlich um sogenannte „Luxustiere“ wie Haustiere oder aber um Nutztiere handelt - für letztere gilt bei der Haftung eine Ausnahme. Eine Entscheidung soll am 23. Dezember verkündet werden.