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Feuer Waldbrand-Einsatz bleibt zäh: Rückschlag für Wildnisgebiet

Für die Feuerwehr bleibt der Einsatz bei Jüterbog zäh, ein Ende ist noch nicht absehbar. Naturschützer sehen einen großen Rückschlag für das Wildnisgebiet, das der „Urwald von morgen“ werden soll.

Von Monika Wendel, dpa Aktualisiert: 06.06.2023, 18:19
Der Waldbrand hat sich trotz des Löscheinsatzes aus der Luft weiter ausgebreitet.
Der Waldbrand hat sich trotz des Löscheinsatzes aus der Luft weiter ausgebreitet. Cevin Dettlaff/dpa

Jüterbog - Die „Roten Zonen“ sind absolutes Sperrgebiet. Wer das Gebiet betritt, begibt sich in Lebensgefahr. In dem Hunderte Hektar großen Waldgebiet bei Jüterbog, das seit fast einer Woche brennt, liegen alte Kampfmittel. „Gefahr vor explodierenden Munitionsteilen“ steht auf den Warnschildern am Wegesrand. Nicht nur Wanderern, sondern auch den Feuerwehr-Einsatzkräften bleibt mit ihren Löschwagen der Weg dort hinein, wo Flammen auflodern und es qualmt, versperrt. Es ist der bislang größte Waldbrand in diesem Jahr in Brandenburg.

Seit fast einer Woche dauert die schwierige Bekämpfung des Feuers schon an. „Wir lassen es einfach kontrolliert brennen“, sagt Einsatzleiter Rico Walentin am Dienstag. Die Feuerwehr versucht von den Brandschutzwegen aus zu verhindern, dass der Brand auf weitere Areale überspringt.

An einigen Flanken sei es gelungen, das Feuer aufzuhalten, das System der Waldbrandschutzwege funktioniere, sagt die Leiterin des Ordnungsamtes, Christiane Lindner-Klopsch. „Ich bin ganz glücklich, dass die Schutzstreifen halten.“ Diese sind frei von Vegetation und sollen brandhemmend sein.

Am Dienstag, einem kühleren Tag, steigen an vielen Stellen im Wald noch dicke Rauchschwaden auf. Überall sind verkohlte Bäume zu sehen, es riecht verbrannt. „Das ist alles tot“, meint Lindner-Klopsch und zeigt vom kleinen Einsatz-Stützpunkt der Feuerwehr aus in den Wald. Die Feuerwehr hofft vor allem auf kräftigen Regen, doch bis zum Nachmittag kommen in dem Waldgebiet im Kreis Teltow-Fläming kaum ein paar Tropfen an.

Angesichts der besonders hohen Belastung Brandenburgs mit Kampfmitteln und Munition werden aus den Landtagsfraktionen von SPD und CDU Forderungen laut, der Bund solle mehr Geld für die Räumung bereitstellen. Er würde sich freuen, wenn der Bund hier mehr tue, bislang kämen aber keine Rückmeldungen, sagt auch Innenminister Michael Stübgen (CDU) am späten Dienstagnachmittag im Waldbrandgebiet bei Jüterbog.

Den Angaben zufolge waren am Montagabend insgesamt rund 326 Hektar betroffen - eine Fläche so groß wie etwa 457 Fußballfelder. Neue Angaben zur Fläche macht die Einsatzleitung nicht. Am Dienstag breitete sich der Waldbrand laut Einsatzleitung nur mäßig aus.

Dort, wo Ranger normalerweise Naturfreunde durchs Gelände führen und den „Urwald von morgen“ erklären, ist die Sorge um die Pflanzen und Tiere groß. „Der Förster hatte Tränen in den Augen“, erzählt Lindner-Klopsch.

Der Waldbrand bei Jüterbog ist aus Sicht des Eigentümers der Fläche ein großer Rückschlag für die Entwicklung des Wildnisgebietes auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz. „Die Feuer auf den Wildnisflächen vernichten wertvolle Natur“, teilte die Stiftung Naturlandschaften Brandenburg auf Anfrage mit.

Das ehemalige militärische Areal bei Jüterbog im Eigentum der Stiftung ist als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Dort soll sich die Natur wieder frei zur Wildnis entwickeln, das bedeutet, es finden auf dem Großteil des Gebietes keine Eingriffe statt.

Jedoch wurde der Waldbrandschutz mit Hilfe von Landesgeldern mit breiten Wegen und Schneisen ausgebaut. „Das ermöglicht es uns nun, das Feuer gefangen zu halten und die Ortschaften zu sichern“, sagt der Geschäftsführer der Naturlandschaften-Stiftung, Andreas Meißner.

Er ist überzeugt, dass die Feuerwehr auch in den nächsten Tagen weiter im Einsatz sein werde, um ein Überspringen des Feuers bei möglichem starken Wind zu stoppen. „Das Feuer läuft ran an das Brunftgebiet der Rothirsche“, meint er am Dienstag beunruhigt.

Brände auf Wildnisflächen seien eine Gefahr für die landschaftliche Vielfalt und zerstörten die Lebensgrundlagen vieler Tiere, sagt seine Stiftung. Im Wald würden Wurzeln und Humusschichten verbrennen und mit ihnen darin lebende Würmer und Insekten. „Und selbst wenn Dachse, Füchse, Baummarder und Rehe Glück haben und rechtzeitig flüchten können, hat das Feuer ihren Lebensraum zerstört und unbewohnbar gemacht.“ Langsame Amphibien wie Frösche, Schlangen und Eidechsen würden verbrennen, schilderte die Stiftung. In dem Schutzgebiet leben demnach auch Wölfe, Fischotter, die Bechsteinfledermaus und der Wiedehopf.