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Regierung Weil für Tarifbindung bei Amazon: Haustarifvertrag gewollt

Tarifverträge, Rechte von Arbeitnehmern und die perfekt abgestimmten Logistikprozesse sind die Themen beim Kurzbesuch von Ministerpräsident Weil bei Amazon in Winsen. Er selbst will noch nie etwas bei dem Online-Händler bestellt haben.

Von dpa Aktualisiert: 25.07.2023, 16:33
Stephan Weil (SPD), Ministerpräsident von Niedersachsen, sitzt in seinem Büro in der Staatskanzlei bei einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur.
Stephan Weil (SPD), Ministerpräsident von Niedersachsen, sitzt in seinem Büro in der Staatskanzlei bei einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur. Michael Matthey/dpa

Hannover - Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil hat sich bei einem Besuch am Amazon-Logistikstandort Winsen/Luhe (Landkreis Harburg) für eine Tarifbindung der Angestellten ausgesprochen. „Ich wünsche mir, dass wir sie überall haben, es nutzt Arbeitgebern und Arbeitnehmern“, sagte der SPD-Politiker am Dienstag nach einem Rundgang durch das Werk.

Bei einem Gespräch mit der Unternehmensleitung sei ihm aber gesagt worden, dass man die Tarifbindung nicht brauche. „Ich glaube nicht, dass es mir gelungen ist, Amazon zu überzeugen“, bekannte er. Auch Vertreter des Betriebsrates waren bei dem Gespräch dabei, sie fordern einen Haustarifvertrag für die bessere Überwachung der Arbeitnehmerrechte.

Weil wollte bereits im Frühjahr nach Winsen kommen, hatte wegen Unstimmigkeiten mit dem Unternehmen aber abgesagt. Damals sollten keine Medien über das Treffen informiert werden. „Das war ein sehr lohnenswerter Besuch, wir hätten uns das schon vor Monaten vorstellen können“, ergänzte der Regierungschef nun. Besonders imponierten ihm die robotergestützten logistischen Prozesse: „Hier erlebt man eine Perfektion in den Abläufen, die ziemlich einmalig ist.“ Er selbst habe noch nie bei dem Online-Händler bestellt, er unterstütze lieber den stationären Handel.

Am Standort in Winsen fand im Frühjahr ein Prozess des Verwaltungsgerichts Hannover statt, weil die Datenschutzbeauftragte des Landes das ununterbrochene Erheben von Mitarbeiterdaten per Scanner untersagt hatte. Dagegen hatte das Unternehmen geklagt und in einem datenschutzrechtlichen Kontrollverfahren Recht bekommen. Das Land hatte daraufhin beim Oberverwaltungsgericht Lüneburg Berufung eingelegt.

Derzeit laufen noch Begründungs- beziehungsweise Stellungnahmefristen. „Ich gehe daher nicht davon aus, dass das Berufungsverfahren noch in diesem Jahr verhandelt werden wird“, sagte ein Sprecher des Gerichts. Direkt wollte sich Weil nicht zu dem schwebenden Verfahren äußern, betonte aber die Wichtigkeit der Interessen der Beschäftigten.

Winsen ist eines von 20 großen Logistikzentren in Deutschland. Rund 2000 Mitarbeiter aus 100 Nationen sind dort auf 64 000 Quadratmetern Fläche beschäftigt, die meisten arbeiten in einem Drei-Schicht-Modell. Der Einstiegslohn liegt derzeit bei 13,17 Euro je Stunde. Ab September könnte er sich auf 14,10 Euro in Winsen erhöhen, dazu gibt es Verhandlungen. Insgesamt ist Amazon in Niedersachsen an elf Standorten vertreten und beschäftigt mehr als 6000 Mitarbeiter.