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Minister vorgestellt Wilke wird neuer Innenminister: „Bereit für diesen Schritt“

Nach turbulenten Tagen in der Landesregierung hat Ministerpräsident Woidke einen neuen Innenminister vorgestellt. Die Wahl fällt überraschend auf einen ehemaligen Linken-Politiker.

Von Oliver von Riegen und Wilhelm Pischke, dpa 19.05.2025, 16:08
Dietmar Woidke hat wenige Tage nach dem Lange-Rücktritt einen neuen Innenminister vorgestellt.
Dietmar Woidke hat wenige Tage nach dem Lange-Rücktritt einen neuen Innenminister vorgestellt. Bernd von Jutrczenka/dpa

Potsdam - René Wilke - bisher parteiloser Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt (Oder) - soll künftig das Brandenburger Innenministerium übernehmen. Nur wenige Tage nach dem Rücktritt von Katrin Lange (SPD) präsentierte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) der Öffentlichkeit ihren designierten Nachfolger. Wilkes Vereidigung vor dem Landtag steht laut Woidke am Donnerstag an. 

Wilke - Der Überraschungskandidat

„Ich glaube schon, dass es eine Überraschung für viele ist, dass ich heute hier stehe“, sagte Wilke in der Staatskanzlei. Sein Name war in den Spekulationen um die Lange-Nachfolge kaum aufgetaucht. Zudem wollte Wilke im kommenden Jahr erneut bei der Oberbürgermeisterwahl in Frankfurt (Oder) antreten. 

„Ich bin bereit für diesen nächsten Schritt, weil ich meinen Beitrag leisten will“, sagte er nun an der Seite von Woidke in Potsdam. Er habe die Chance, selbst mitzugestalten. Ihn befalle immer wieder das Gefühl, dass die Gesellschaft überfordert sei. „Hin und wieder suchen wir die Pause-Taste. So viel, was auf uns einströmt“, so Wilke. All das verunsichere die Menschen. „Aus Sorgen können Ängste werden. Aus Ängsten kann Spaltung werden.“ 

Kommender Minister will weniger Spaltung

Er sehe seine kommende Aufgabe im Land besonders darin, dass es weniger Spaltung, Ängste und Sorgen gebe. Er wolle klar handeln, „bei jenen, die Probleme bereiten und den gesellschaftlichen Zusammenhalt stören“. Hier rufe eine Aufgabe, die groß und herausfordernd sei.

Woidke überzog Wilke bei dessen Vorstellung mit reichlich Vorschusslorbeeren. Er sehe jemanden, „der seine Aufgabe als Oberbürgermeister herausragend gut gemacht hat“, sagte der Ministerpräsident. Er habe der Stadt Frankfurt (Oder) ein neues Selbstbewusstsein gegeben und die Menschen motiviert, Dinge anzugehen. Zudem sei ihm Wilke beim Oder-Hochwasser als guter Krisenmanager aufgefallen, der mit der nötigen Emotionalität auf Menschen zugegangen ist, die teilweise ihre Häuser verlassen mussten. 

Woidke setzt mit der Besetzung ein Zeichen

Für Woidke waren die letzten Wochen verhältnismäßig turbulent. Nach der Entlassung seines Regierungssprechers folgte der Rücktritt von Innenministerin Katrin Lange (SPD), die als Wunschkandidatin Woidkes für den Ministerpräsidentenposten galt. In einigen Medien wurde Woidke Amtsmüdigkeit vorgeworfen und bereits von der „Woidke-Dämmerung“ geschrieben.

Mit dem Überraschungscoup namens Wilke versucht Ministerpräsident Woidke nicht weniger als einen Befreiungsschlag aus dieser Krise. Erstens will er mit der zügigen Personalentscheidung Handlungsfähigkeit demonstrieren - nach innen in seine SPD/BSW-Koalition hinein und nach außen in die Öffentlichkeit.

Zweitens sendet er mit dem ehemaligen Linken-Politiker als Mann für das wichtige Schlüsselressort ein Signal an den linken Flügel in der SPD, der Katrin Lange kritisiert hatte. Und drittens holt sich der Regierungschef einen ausgewiesenen Fachmann für die großen Themen Migration und Kommunen. Wilke kennt das Problem illegaler Migration genauso wie das knapper Kassen.

Wilke gilt als kompetent und engagiert

Auf kommunaler Ebene wird der 40-jährige Wilke sehr geschätzt. In Frankfurt (Oder) konnte er zuletzt auf die Unterstützung nahezu aller Fraktionen im Stadtparlament - mit Ausnahme der AfD - zählen. Er gilt als arbeitsam, engagiert und zupackend. Sein großes Ziel für die Stadt war es, das geplante Zukunftszentrum in die Oderstadt zu bekommen. Das Projekt scheiterte, weil Halle (Saale) den Zuschlag vom Bund bekam. 

Auch in der Stadtbevölkerung ist er sehr anerkannt und gilt als Mann mit einem guten Ohr zum Volk. Nach einem Überfall auf einen Musikklub im Jahr 2018 mit mehreren Schwerverletzten setzte Wilke auf eine harte Gangart und leitete mehrere Ausweisungsverfahren gegen ausländische Straftäter ein. Damit sorgte er bundesweit für Aufsehen. 2024 trat er aus der Partei Die Linke aus. Er begründete seinen Schritt vor allem mit der Einstellung der Partei zum Ukraine-Krieg.

Wie war bislang sein Kontakt zur Landesregierung? Zur Kulturministerin Manja Schüle (SPD), die wie er aus Frankfurt (Oder) stammt, hält Wilke einen engen Kontakt. Beide verstehen sich augenscheinlich sehr gut. Gegenüber Ministerpräsident Woidke äußerte er sich gelegentlich kritisch. Bei der Bewerbung für das Zukunftszentrum konnte er sich aber stets auf den Rückhalt der Landesregierung verlassen. 

Lange nach Verfassungsschutz-Affäre zurückgetreten

Ex-Ministerin Lange war am Freitag wegen des Streits um die Entlassung des Verfassungsschutzchefs zurückgetreten. Die 53-Jährige, die seit rund fünf Monaten im Amt war, war in den eigenen Reihen massiv in die Kritik geraten. Ausgelöst hatte die Querelen die Mitte April erfolgte Einstufung der Landes-AfD als gesichert rechtsextremistische Bestrebung. 

Lange hatte dem Verfassungsschutzchef vorgeworfen, sie nicht rechtzeitig darüber informiert zu haben, und ihn gefeuert. Es gab dann Vorwürfe, Lange schwäche mit ihrem Vorgehen die Unabhängigkeit des Verfassungsschutzes und spiele der AfD in die Hände. Lange wurde auch vorgeworfen, sie habe die Hochstufung der AfD möglicherweise hinauszögern wollen.