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Justiz Zahl von Suizidfällen in Gefängnissen schwankt

Es gehen soziale Kontakte verloren, ebenso wie Freiheit und Autonomie. Zudem herrscht im Gefängnis ein rauer Ton. Nicht alle Häftlinge können damit umgehen.

Von dpa 17.05.2023, 09:48
Die Sonne geht über der drahtbewährten Mauer der Justizvollzugsanstalt Burg auf.
Die Sonne geht über der drahtbewährten Mauer der Justizvollzugsanstalt Burg auf. Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Magdeburg - In Sachsen-Anhalts Gefängnissen hat die Zahl der Suizide nach Angaben des Justizministeriums in den vergangenen Jahren zwischen null und sechs geschwankt. In den Jahren 2017 und 2018 wurden mit jeweils sechs Fällen die höchsten Zahlen erreicht. 2019 wurden zwei Suizide erfasst, 2020 keiner. Im Jahr 2021 nahmen sich fünf Gefangene das Leben, 2022 zwei; in diesem Jahr sind es bislang vier, wie das Justizministerium mitteilte. Eine Häufung von Suiziden in den Corona-Jahren 2020 bis 2022 sei nicht erkennbar.

Bei den Auswertungen der bislang vier Suizid-Fälle in diesem Jahr wurden keine Parallelen gefunden, wie die „Mitteldeutsche Zeitung“ am Mittwoch berichtete. Der zuständige Referatsleiter im Justizministerium, Frank Meyer, sagte demnach, man habe keinerlei Übereinstimmungen gefunden, die auf strukturelle Ursachen hinwiesen. Jede Tat habe individuelle Ursachen.

In den Justizvollzugseinrichtungen in Sachsen-Anhalt waren mit Stand von diesem Dienstag 1486 Menschen untergebracht.

Ein Ministeriumssprecher betonte, die Gesundheit der Gefangenen habe im Justizvollzug oberste Priorität. „Dabei wird besonderes Augenmerk auf die Verhinderung von Suiziden gerichtet.“ Die Empfehlungen der Bundesarbeitsgruppe für Suizidprävention spielten eine gewichtige Rolle. Daneben etabliert Sachsen-Anhalt eine Landesarbeitsgruppe Suizidprävention im Justizvollzug, um insbesondere die landesweiten Standards weiter zu optimieren. Sie solle den Justizvollzugseinrichtungen als Ansprechpartner zur Verfügung stehen.

Der Ministeriumssprecher wies darauf hin, dass Menschen in Haft grundsätzlich im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung ein deutlich erhöhtes Suizidrisiko aufwiesen. Es handele sich nicht um einen repräsentativen Ausschnitt der Bevölkerung, sondern vielmehr um eine bestimmte Risikogruppe. „Dies begründet sich vornehmlich daraus, dass Gefangene bereits eine Vielzahl demografischer und persönlicher Merkmale aufweisen, die von der Suizidforschung allgemein als Risikofaktoren identifiziert wurden.“ Dazu gehörten psychische Erkrankungen, Suchtmittelabhängigkeit oder eingeschränkte Bewältigungsstrategien sowie das männliche Geschlecht.

„Zudem gilt es auch, die besondere Situation der Haft als belastendes Ereignis zu berücksichtigen, mit dem einerseits der Verlust der Freiheit sowie Autonomie und andererseits Kontakteinschränkungen zu sozialen Bezugspersonen verbunden sind.“

Die Mitarbeiter in den Gefängnissen würden geschult, um frühzeitig Verhaltensauffälligkeiten zu erkennen. „Stellen die im Vollzug tätigen Bediensteten Anzeichen einer möglichen Suizidgefahr bei Gefangenen fest, unterliegen diese Gefangenen einer besonderen vollzuglichen Beobachtung und Betreuung“, hieß es.

Unter anderem gehe es darum, den Gefangenen dabei zu unterstützen, seine sozialen Kontakte innerhalb und außerhalb des Vollzuges aufrecht zu erhalten. Zudem solle er im Rahmen des Möglichen in Gemeinschaftsaktivitäten eingebunden werden. Wenn die präventiven Maßnahmen nicht genügten, kann es laut Ministerium im Einzelfall notwendig sein, besondere Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen, um den Gefangenen vor sich selbst zu schützen.