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Anschlag auf Weihnachtsmarkt Zieschang sieht Veranstalter für Sicherheit zuständig

Hätte der Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt verhindert werden können? Und welche Rolle hatte die Polizei? Innenministerin Zieschang nimmt die Veranstalter und Kommunen in die Pflicht.

Von dpa Aktualisiert: 25.08.2025, 15:46
Innenministerin Zieschang (CDU) verweist auf die Verantwortung anderer Stellen bei der Absicherung.
Innenministerin Zieschang (CDU) verweist auf die Verantwortung anderer Stellen bei der Absicherung. Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Magdeburg - Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) hat nach dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt erneut auf die Verantwortung von Kommunen und Veranstaltern bei der Absicherung von Großveranstaltungen verwiesen. Ein Veranstalter sei für das Erstellen des Sicherheitskonzepts verantwortlich, die kommunale Sicherheitsbehörde würde dieses abnehmen, sagte die CDU-Politikerin im Untersuchungsausschuss zum Anschlag. 

Die Polizei stehe beratend zur Seite, für den Zufahrtsschutz sei aber grundsätzlich der Veranstalter zuständig, sagte Zieschang. Polizeibeamte sollten nicht Betonblöcke zählen oder Lücken ausmessen. Bei Menschenansammlungen über längere Zeit würden für Veranstalter besondere Verkehrssicherungspflichten erwachsen.

Die Polizei habe die Freiheit, sich in das Sicherheitskonzept eines Veranstalters einbinden zu lassen, sagte die Innenministerin: „Sie müssen es aber nicht tun.“ Sie wies darauf hin, dass in Magdeburg Besprechungen nicht protokolliert worden sind – Protokolle hätten aus Zieschangs Sicht dazu geführt, dass jedem seine Verantwortlichkeit klarer vor Augen geführt worden wäre.

Polizeieinsatz wird aufgearbeitet

Kurz vor Weihnachten war ein 50-Jähriger aus Saudi-Arabien mit einem Auto über den Magdeburger Weihnachtsmarkt gefahren. Dabei wurden sechs Menschen getötet und über 300 weitere verletzt. Der Täter war mit einem Auto zwischen einer Fußgängerampel und einer Betonblocksperre auf den Weihnachtsmarkt gefahren.

Zieschang sagte, es seien vier Polizeifahrzeuge postiert worden, um zusätzlich zu den Maßnahmen des Veranstalters gegebenenfalls mobile Sperren zu errichten. Damit sollten etwa bei einer konkreten Gefahr Wege verschlossen werden können. 

Der Polizeieinsatz werde im Ministerium weiterhin kritisch ausgewertet, sagte die CDU-Politikerin. Um die parallel laufenden Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft nicht zu gefährden, habe man Befragungen jedoch zurückgestellt. Man arbeite außerdem auf, welche Erkenntnisse vor der Amokfahrt zu Taleb A. vorlagen. Die Aufarbeitung sei bisher nicht abgeschlossen. Sobald es einen schriftlichen Bericht dazu gibt, soll er dem Ausschuss zur Verfügung gestellt werden.

Warum hatte LKA den Täter nicht als Gefahr auf dem Schirm?

Weiterhin hinterfragten die Abgeordneten im Ausschuss, warum das Landeskriminalamt (LKA) den Attentäter nicht als Gefahr auf dem Schirm hatte. Die LKA-Direktorin Birgit Specht sagte, unter anderem basierend auf einer Einschätzung der Polizei Nordrhein-Westfalen wurde Taleb A. beim LKA Sachsen-Anhalt als „Vielschreiber“ eingeordnet. 

Eine Sachbearbeiterin habe ihn im Dezember 2023 in einer internen Mitteilung so benannt und den Bereich Gefährdungseinschätzungen einbezogen, so Specht. Die Sachbearbeiterin wies auch darauf hin, dass Taleb A. erstmals gedroht habe. Im Bereich Gefährdungseinschätzung war der Vorgang abgelegt und nicht weiter verfolgt worden, wie ein anderer LKA-Mitarbeiter schon zuvor im Ausschuss ausgesagt hatte.

Was ein „Vielschreiber“ ist, ist nicht klar definiert

Der Grünen-Abgeordnete Sebastian Striegel sagte, Taleb A. sei durch alle Raster gefallen, weil er keinem der festgelegten Phänomenbereiche zuzuordnen war. Specht sagte, mit dem Wissen zum damaligen Zeitpunkt habe es keine konkrete Gefahr gegeben. 

Specht betonte außerdem, es gebe keine abgestimmte Definition des Begriffs „Vielschreiber“. Grundsätzlich wird darunter jemand verstanden, der sich besonders häufig an Behörden wendet. Aus Nordrhein-Westfalen habe es die Informationen gegeben, dass Taleb A. E-Mails an verschiedene Polizeidienststellen gesendet hat. Seine Angaben seien wirr und nicht nachvollziehbar gewesen.

CDU-Fraktion sieht Aufklärungsbedarf

Im Zusammenhang mit dem Weihnachtsmarkt sei der spätere Attentäter vor seiner Todesfahrt vom 20. Dezember 2024 nicht beim LKA bekannt gewesen. Laut Specht spielte er auch nicht eine solche Rolle, dass man in der Führungsebene des LKA über ihn gesprochen habe.

Die CDU-Fraktion sieht weiteren Aufklärungsbedarf im Bereich des LKA. „Hier müssen und werden wir noch mal in die Tiefe gehen, um herauszufinden, welche Erkenntnisse dem LKA zur Person Taleb. A. zu welchem Zeitraum vorlagen und wie damit umgegangen wurde“, erklärte die Abgeordnete Kerstin Godenrath.