1. Startseite
  2. >
  3. Varia
  4. >
  5. „Schwarzer Teppich“ als Pilotprojekt

Radverkehr „Schwarzer Teppich“ als Pilotprojekt

Der neue Asphaltstreifen für Radfahrer bewegt weiter die Gemüter der Magdeburger.

Von Stefan Harter 04.05.2020, 01:01

Magdeburg l Dass man den Radfahrern nicht den sprichwörtlich „roten Teppich“ ausgerollt hat, liegt an der besonderen Bauart, erklärt Magdeburgs Verkehrsbeigeordneter Dieter Scheidemann. Weil die sonst bei Radschutzstreifen übliche grellrote Farbe in diesem speziellen Verfahren nicht genutzt werden konnte, ist es sozusagen ein „schwarzer Teppich“ geworden.

Gemeint ist der neue Asphaltstreifen, der Anfang vergangener Woche in der Wilhelm-Külz-Straße aufgebracht worden war. „Es handelt sich nicht um eine, sondern drei sehr dünne Schichten“, erläutert er weiter. Diese Bauweise sei auch für die Stadtverwaltung Neuland, „in verkehrspolitischer und technischer Sicht“. So musste erst einmal eine Baufirma gefunden werden, die solch eine dünne Asphaltschicht auftragen konnte.

Gemeinsam mit Vertretern des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) hat er jetzt den Streifen formal abgenommen. Radfreunde und Verwaltungsspitze sind sich dabei einig: Die Asphaltpiste soll als Pilotprojekt möglichst Vorbild für weitere Straßen mindestens in Stadtfeld werden.

Dass sie so schwarz geraten ist und sich damit stark vom alten Kopfsteinpflaster abhebt, habe ihn auch schockiert, sagt Jürgen Canehl, stellvertretender Vorsitzender des ADFC. Dennoch sei der Fahrradverband froh, dass diese Maßnahme nun umgesetzt werden konnte. „Es ist ein Kompromiss zwischen Gestaltung und Verbesserung“, sagt er. Schon bei den Haushaltsverhandlungen Ende 2018 war der Streifen einer von einer Reihe von Vorschlägen des ADFC zur Verbesserung der Radinfrastruktur gewesen. Damals hatte der Stadtrat beschlossen, dass innerhalb von drei Jahren jeweils 50 000 Euro für den Radverkehr in Stadtfeld investiert werden sollen.

Hauptziel in der Külzstraße ist es, die Konflikte mit Radfahrern und Fußgängern auf dem Gehweg zu beenden. Der Asphaltstreifen soll das Radfahren auf der Straße attraktiver machen, da er das holprige Kopfsteinpflaster bedeckt. Lange habe man gemeinsam überlegt, wie das am besten umgesetzt werden kann, sagt Dieter Scheidemann. Die gut 2,5 Meter breite Asphaltspur in der Mitte der Fahrbahn ist das Ergebnis.

Dass der Teerstreifen Autofahrer dazu verleite, mit höherer Geschwindigkeit durch die Straße zu fahren, kann der Beigeordnete nicht ausschließen. Auch das Problem der Elterntaxis, die Radfahrer vom Fahren auf der Straße abhalten würden, könne nicht ohne Weiteres gelöst werden. „Da werden wir schauen, was uns die neue Straßenverkehrsordnung an Handlungsmöglichkeiten gibt“, sagt er.

Fest steht bereits, dass auch der Rest der Wilhelm-Külz-Straße in Richtung Schellheimerplatz eine solche Fahrradspur bekommen soll. Nach den Erfahrungen mit dem ersten Versuch wolle man nun aber schauen, ob man die Granulatmischung der obersten Schicht etwas heller gestalten kann, damit sie nicht auch so schwarz wird, erklärt Dieter Scheidemann. Deshalb sei noch unklar, wann die Umsetzung erfolgen wird. Auch wo es noch solche Spuren geben könnte, werde erst geprüft.

Der Unmut der unmittelbaren Anlieger wird indes nicht kleiner. In der Vorwoche hatte es bereits Kritik vor allem angesichts der Optik des schwarzen Streifens in der historischen Straße gegeben. Nun mischen sich auch noch Stimmen ein, die sich aus anderem Grund über die Maßnahme ärgern.

So hatte Anwohnerin Martina Stark per Leserbrief daran erinnert, dass sie und ihre Nachbarn vor Jahren viel Geld für Straßenausbaubeträge zahlen mussten. „Ich spreche mich deutlich gegen diese Wertminderung unserer Straße aus. Dafür habe ich die Gebühren nicht bezahlt“, schreibt sie. Auch andere Anlieger sind deswegen verstimmt. Selbst rechtliche Schritte sollen erwogen werden, heißt es.