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Schlafforschung Wenn der Job den Schlaf raubt

Viele Menschen bringen den Stress von der Arbeit mit nach Hause - und
kämpfen in der Nacht mit Schlafstörungen. Bewegung und Rituale helfen,
die Probleme nicht mit ins Bett zu nehmen. Doch die Entspannung kommt
nicht von allein.

29.04.2014, 01:20

Regensburg (dpa) l Viele Menschen nehmen ihre Probleme von der Arbeit mit nach Hause - und mit ins Bett. "Durch die ständige Erreichbarkeit und Reizüberflutung verstärken sich die stressbedingten Schlafstörungen", sagt Felicitas von Elverfeldt. Sie ist Diplom-Psychologin in Frankfurt am Main und arbeitet als Coach für Führungskräfte. Vielen Beschäftigten fehle ein Gegengewicht zur Arbeit und Zeit, sich nach Feierabend emotional vom Job zu distanzieren. "Das geht vor allem empfindsamen Menschen so", sagt sie. Tendenziell neigten Frauen eher dazu als Männer, sich Sorgen zu machen und zu grübeln.

"Erholsames Schlafen ist die Grundvoraussetzung für Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden" - Jürgen Zulley, Schlafforscher

Der Mensch könne viele Belastungen ertragen, wenn er zwischendurch wieder zur Ruhe kommen würde. Doch genau das ist offenbar das Problem für viele Menschen, die den Stress von der Arbeit mitbringen. "Die Gedanken, die wir als problematisch erleben, schieben sich immer wieder nach vorne", sagt Zulley.

Die körperliche Arbeit hat abgenommen. Gleichzeitig stiegen die psychischen Belastungen, sagt Baua-Sprecher Martin Schulte. Viele Erwerbstätige seien weniger körperlich erschöpft, sondern psychisch hoch beansprucht und kämen auf Hochtouren laufend nach Hause. Bewegungsmangel ist das eine Problem der Generation Büro. Das andere sei der Mußemangel, sagt er.

Bewegung entspann besser als Fernsehen

Doch Erholung und Muße stellen sich nicht von allein ein."Man muss sich auf etwas konzentrieren, um zur Ruhe zu kommen", erklärt Zulley. Schulte rät zu etwas Gegenläufigem zur Arbeit. "Wer vor allem psychisch im Job gefordert ist, wird sich mit Bewegung besser distanzieren und erholen können als vor dem Fernseher." Er rät zu ruhigen, meditativen Tätigkeiten vor dem Schlafen. Das kann ruhige Musik sein, die Konzentration auf die eigene Atmung oder eine schöne Fantasiegeschichte. "Durch die monotone Stimulation hat das Gedächtnis keine Zeit, den problematischen Gedanken nachzuhängen und entspannt", erzählt er.

Auch könne es helfen, die Benutzung von Smartphone und Computer ab 20 Uhr einzustellen und nach dieser Uhrzeit keine Konfliktgespräche in der Familie mehr zu führen. Das sollte mit der Familie vorher besprochen werden.

Wer mit Auspowern und ruhigen Ritualen schließlich in den Schlaf findet, hat die Nacht jedoch noch lange nicht überstanden. Jürgen Zulley betont, dass das Aufwachen in der Nacht nichts Besonderes ist: "Das passiert jedem von uns in jeder Nacht.

"Die meisten kurzen Wachphasen vergessen wir sofort wieder" - Jürgen Zulley

Erwachen Beschäftigte und grübeln, helfe es häufig, die Gedanken aufzuschreiben. "Dann muss ich nicht mehr daran denken", sagt er. Wer in einer solchen Situation so aufgewühlt ist, dass er hellwach ist, sollte aufstehen und sich beschäftigen: einen Tee kochen, ein Kreuzworträtsel, ein kurzer Gang durch die Wohnung. "Die Müdigkeit kommt von selbst wieder."

Viele wissen sich bei einem unruhigen Schlaf mit pflanzlichen oder chemischen Medikamenten zu helfen. "Schlafmittel sind jedoch immer die Therapie der letzten Wahl", sagt Schlafforscher Zulley. Er begründet dies mit den Nebenwirkungen vor allem von chemischen Präparaten.