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Medizin Zum ersten Mal beim Kinderarzt

Der Kinderarzt sieht das Baby im ersten Lebensjahr manchmal häufiger als die Großeltern. Umso wichtiger ist ein vertrautes Verhältnis zwischen Eltern und Mediziner. Ein guter Arzt klärt sie über Risiken auf und setzt nicht einfach seine Meinung durch.

05.09.2014, 06:30

Magdeburg l Die ersten Wochen mit Baby verlaufen für viele Eltern chaotisch. Experten empfehlen daher, sich schon vor der Geburt nach einer Kinderarztpraxis umzuschauen. "Schon bei Geburtsvorbereitungskursen in den Kliniken ist oft ein Arzt anwesend, bei dem man sich informieren kann. Spätestens aber bei der Kontrolluntersuchung U2 hat das Kind zum ersten Mal Kontakt zum Kinderarzt", sagt Privatdozent Dr. med. Ludwig Patzer, Kinderarzt aus Halle und stellvertretender Vorsitzender vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ). "Die Ärzte in den Kliniken kennen sich aus. Sie kennen die Kinderärzte und Praxen aus der Gegend."

Doch Eltern, die kurz nach dem ersten Schrei des Kindes wieder zu Hause sind, müssen die U2 selbst organisieren. Für die Suche nach einer Praxis empfiehlt Patzer, sich im Freundeskreis umzuhören und andere Eltern auszufragen. Von Bewertungsportalen im Internet rät er ab. "Der Rat eines Bekannten ist sehr wertvoll. Denn neben der fachlichen Kompetenz sollte man sich beim Kinderarzt auch wohlfühlen. Es sollte eine angenehme Atmosphäre sein."

Lieber zum Kinderarzt als zu einem Hausarzt

Das bestätigt auch Susanne Steppat, Hebamme aus Aachen und Mitglied im Präsidium des Deutschen Hebammenverbandes. "Ich würde mit verschiedenen Freundinnen sprechen - und welcher Kinderarzt die meisten Punkte auf der Skala bekommt, den würde ich bereits vor der Geburt kontaktieren." Dabei lohnt es sich, auch zu klären, ob die Praxis Hausbesuche anbietet und wie die Terminvergabe organisiert ist. Für Mütter sei es in den ersten Tagen nach der Geburt nur schwer zumutbar, mit ihrem Neugeborenen in einer Kinderarztpraxis warten zu müssen - womöglich zwischen Kindern mit ansteckenden Krankheiten.

"Die meisten Kinderärzte haben für die Vorsorgeuntersuchungen und für Säuglinge extra Wartebereiche. Denn vor allem für Säuglinge ist die Ansteckunugsgefahr sehr hoch", sagt Pädiater Patzer. "Vor allem die Vermischung mit kranken Erwachsenen sollte man vermeiden. Gerade deswegen ist es immer ratsam, zu einem Kinderarzt zu gehen, statt zum Hausarzt." Denn Kinderärzte hätten einfach mehr Erfahrung in der Kindermedizin.

Auch am Pflegepersonal könne man eine gute Praxis erkennen. "Entscheiden Sie sich am besten für eine Praxis mit Kinderkrankenschwestern. Die können auch wertvolle Tipps geben. Es ist sogar so, dass viele Mütter sich schon bei den Arzthelferinnen über Dinge wie das Stillen informieren und diese Fragen dem Arzt gar nicht mehr stellen", erzählt Patzer.

Da vor allem bei frischgebackenen Müttern die Emotionen schnell hochkochen, empfiehlt es sich, den Vater, die eigene Mutter oder eine Freundin mitzubringen. Denn es ist immer gut, noch jemanden dabei zu haben, der zuhört.

Die Variante, den Vater allein mit dem Kind zu schicken, damit die Mutter sich schonen kann, ist meist nicht praktikabel. "Gerade wenn ich als Mutter stille, ist es schwer, den Termin so zu takten, dass er genau zwischen die Stillzeiten passt", sagt Andrea Fabris von der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD).

Wer eine Hebamme für die Wochenbettbetreuung hat, könne mit ihr auch darüber sprechen, wann ein Kind zum Pädiater muss. "Gerade beim ersten Kind können es Eltern nicht immer einschätzen, ob ein wunder Po oder Sekret in den Augen sofort ein Fall für den Kinderarzt sind", sagt Steppat. Ist ein Besuch beim Arzt notwendig, sollten Eltern auf Folgendes achten: "Fühle ich mich ernst genommen, erklärt er mir alles so, dass ich es verstehe, und geht er auf meine Ängste ein?"

Schon vorher Erwartungen und Vorstellungen klären

Wichtig sei auch, wie der Arzt bei möglicherweise kontroversen Themen reagiert, sagt Fabris. So werde die Gabe von Fluorid, Vitamin D oder Vitamin K unterschiedlich gehandhabt. "Ein guter Kinderarzt nennt das Verfahren, das er bevorzugt, klärt aber auch über die Alternativen auf. Er sollte nie einfach sagen: "So machen wir das jetzt." Das sieht auch Patzer so: "Man sollte schon im Vornherein klären, ob das Profil des Arztes zu den eigenen Vorstellungen passt." Man müsse vorher die Erwartungen klären, vor allem beim Thema Impfen.

Laut Ständiger Impfkommission (STIKO) können Kinder gegen Rota-Viren bereits in der sechsten Lebenswoche geimpft werden. Mehrfachimpfungen gegen Tetanus, Keuchhusten, Diphtherie und andere Krankheiten folgen im Alter von zwei Monaten. "Die Entscheidung über das Impfen liegt bei den Eltern, dafür sind gute Informationen notwendig", sagt Fabris. "Der Arzt muss die Eltern im Vorfeld über die Impfungen und deren Risiken aufklären. Er darf dies nicht kurz vor der eigentlichen Impfung tun, denn Eltern müssen genug Zeit haben, um eine Entscheidung treffen zu können."

Die Impf-Termine müssen nicht mit den Vorsorgeuntersuchungen wie U3 (4. bis 6. Woche), U4 (3. bis 4. Monat) oder U5 (6. bis 7. Monat) zusammenfallen. Und Eltern sollten im Zweifelsfall lieber einmal zu häufig als zu wenig in die Praxis kommen. Vor allem wenn sehr kleine Kinder Fieber oder Durchfall haben, ist der Kinderarzt die richtige Adresse.