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Familie Mehrgenerationen-Urlaub - eine gute Idee?

Urlaub mit Mama, Papa, Oma und Opa: Für viele Kinder ein Traum. Und für die Erwachsenen ein emotionales Minenfeld.

14.02.2020, 23:01

Ludwigsburg/Coburg (dpa) l Das hatten wir uns alles ganz anders vorgestellt. Endlich mal wieder mit der ganzen Familie in Urlaub fahren. In Ruhe reden, zusammen was unternehmen, gemeinsam kochen und essen. Die Großeltern sehen ihre geliebten Enkel mal länger ­zund Mama und Papa haben den Babysitter gleich mit dabei.

Doch stattdessen dauert es nur drei Tage, bis es vorbei ist mit der Harmonie. Kein Wunder, sagt Eckart Hammer, Professor für Gerontologie an der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg. „Urlaube sind grundsätzlich unfallträchtig für Beziehungen – nicht nur zwischen den Generationen, auch für Paarbeziehungen.“

Konfliktherde gibt es genug: Die Vierjährigen wollen nicht ins Museum, deren Eltern nicht schon wieder an den Strand – aber Oma und Opa auch nicht den ganzen Tag auf die Minis aufpassen. Und warum müssen die Großeltern den Kleinen eigentlich ständig Gummibärchen zustecken? Und sind Mama und Papa nicht viel zu streng? Und offenbar ist Onkel Stefan auch mit 40 noch das Lieblingskind. Da hauen wir jetzt endlich mal auf den Tisch!

Hinter dem Urlaubsknatsch steht ein strukturelles Pro­blem. „Man sieht sich im Alltag höchstens abends und am Wochenende und jetzt plötzlich drei Wochen am Stück rund um die Uhr“, sagt Hammer. Zwischen den Generationen ist der Urlaubs-Alltags-Kontrast oft sogar noch größer – viele Großeltern sehen ihre Kinder und Enkel nur selten, weil sie schlicht zu weit weg wohnen.

Wenn aus dieser Distanz plötzlich Dauernähe wird, stellt das selbst die stärkste Beziehung auf die Probe. „Und dann wird der Urlaub oft auch noch idealisiert, die Erwartungen sind da oft völlig überhöht“, sagt Hammer. Dann sei es gut, wenn es eigene Zimmer gibt und wenn jeder Familienteil auch mal was alleine unternimmt – dann macht das Wiedersehen umso mehr Spaß.

Dabei darf es ruhig auch emotional zugehen. „Aber immer unter der Kontrolle des Verstandes“, sagt Familientherapeut Hans Berwanger. Gerade in einer Familie und zwischen den Generationen ist das aber besonders schwierig, so der Experte. Denn da gibt es oft „eingefrorene Konflikte“.

Meistens verläuft diese Konfliktlinie zwischen Schwiegereltern und -töchtern beziehungsweise -söhnen, erzählt der Therapeut. „Das sind dann zum Beispiel Abwertungserlebnisse – weil sich die Schwiegermutter zum Beispiel mal abfällig über das Brautkleid der Schwiegertochter geäußert hat.“ Gesprochen wurde darüber aber nie – und in der Drucksituation des Urlaubs tauen die alten Kränkungen dann plötzlich wieder auf.

Das kann eine Gelegenheit sein, Konflikte endlich zu klären. „Voraussetzung ist aber, dass beide zur Versöhnung bereit sind und man emotional offen und wertschätzend kommunizieren kann“, sagt Berwanger. Es reicht nicht, den Schwiegersohn oder die Schwiegermutter nur zu mögen – man muss das auch sagen können. „Viele kommunizieren dann ein vergiftetes Lob“, sagt Berwanger. Beispiel: „Ich hätte nicht gedacht, dass du so gut kochen kannst.“

Alternativ lassen sich Tiefkühl-Konflikte vielleicht ganz verhindern. Eckart Hammer rät Großfamilien daher vor dem gemeinsamen Urlaub ohnehin zu einem Vorgespräch. „Da kann man auch vereinbaren, schwelende Konflikte in der Familie einfach mal ruhen zu lassen.“

Sind kleinere Kinder dabei, rät Hammer außerdem, sich schon vor der Abfahrt auf Erziehungsregeln zu einigen. Schließlich sind Eltern oft etwas strenger und Großeltern etwas nachsichtiger – prallt das aufeinander, gibt es vielleicht Streit. „Grundsätzlich gilt, dass die Eltern die Erziehungsregeln festlegen“, sagt er. Das sei auch im Urlaub so. „Es kann aber natürlich ein paar Urlaubsregeln geben, Kinder können das sehr gut unterscheiden.“