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Wetter Trocken wie seit 50 Jahren nicht

Der August 2015 steuert auf einen Wärmerekord zu. Seit April herrscht Regenarmut. Eine ungewöhnliche Kombination, sagen Experten.

Von Jens Schmidt 14.08.2015, 01:01

Magdeburg. Nach den äußerst trockenen Monaten April, Mai und Juni macht sich auch im August Regen rar: Gerade mal zwei Liter sind in der Region Magdeburg in diesem Monat vom Himmel getröpfelt – normal wären gut 25 Liter. Hinzu kommt eine enorme Verdunstung, bedingt durch Sonne und zwei Wochen Hitze um die 30 Grad. „Diese Mixtur ist schon ungewöhnlich“, sagt Agrar-Meteorologe Martin Schmidt vom Deutschen Wetterdienst in Leipzig. „Wir erleben eine der schwersten Dürren seit 50 Jahren.“ Die Auswirkungen:

Knochenharte Böden: Die Wetterstation Wittenberg vermeldet die niedrigste je gemessene Bodenfeuchte. Auch in der Börde sieht es nicht viel besser aus. In den ersten 30 Zentimetern ist für die Pflanzen nichts mehr zu holen. Selbst ein paar Schauer helfen nicht viel, da das Wasser auf dem knüppelharten Boden sofort wegfließt. Nötig wäre eine Woche Landregen. Der ist nicht in Sicht.

Ebbe in der Elbe: Die Wasserstände fallen fast überall auf historische Tiefststände. Am heftigsten am Pegel Barby, wo gerade mal noch 31 Zentimeter gemessen werden (alter Rekord: 42 Zentimeter/1947). Bis Montag soll der Wasserstand auf 25 Zentimeter fallen. Normal wären hier 2,19 Meter. An der Magdeburger Strombrücke werden heute 50 Zentimeter erwartet, das liegt nur noch zwei Zentimeter über dem Rekord von 1934. Binnenschifffer müssen sich auf eine lange Pause einstellen. Wassernachschub aus Tschechien ist ungewiss: Die Quelle der Moldau ist derzeit versiegt.

Munition taucht auf: Das extreme Niedrigwasser legt auch viele Blindgänger frei. „Dazu gehören Granaten aller Größen, Minen und anderes Kriegsgerät“, sagt Axel Vösterling vom Technischen Polizeiamt. Die Kampfmittelbeseitiger sind oft im Einsatz. In Wittenberg musste eine Granate vor Ort gesprengt werden. In Roßlau entdeckten Spaziergänger einen Granatwerfer am Ufer. An der Fähre Aken und bei Wittenberg wurden Flakgranaten gefunden.

Wasser-Eichen: Jahrhunderte lagen sie am Flussgrund, jetzt werden sie sichtbar: Alte, mit Wasser vollgesogene Eichenstämme in der Elbe. Sie sind sehr hart und eignen sich – ökologisch wertvoller als Steine – zum Buhnenbau . „Wir nutzen sie dafür jetzt in Tangermünde“, sagt Friedrich Koop vom Wasser- und Schifffahrtsamt Magdeburg.

Trinkwasser: „An Colbitzer Heidewasser gibt es keinen Mangel“, sagt Cornelia Kolberg von den Stadtwerken Magdeburg. Allerdings stieg der Tagesverbrauch um bis zu 50 Prozent an.

Waldbrände: Inzwischen gibt es fast viermal so viele Waldbrände wie im gesamten Vorjahr. Bei mehr als 80 Bränden sind 25 Hektar vernichtet worden. „Es brennt fast jeden Tag“, sagt Andreas Goldschmidt vom Landeszentrum Wald. Im Land haben alle Bereiche ihre jeweils höchste Warnstufe erreicht. Goldschmidt: „Mehr geht nicht..“ Zuletzt gab es so etwas 2003.

Bäume: Vor allem die Laubbäume haben den meisten Stress. Birken und Robinien werfen schon ihre Blätter ab. Die Nadelbäume verlieren Abwehrkräfte gegen Schädlinge.

Autobahnen: Zurzeit gibt es keine größeren Hitzeschäden. Auf A9 und A14 gibt es aber Tempobegrenzungen.

Ernte: Beim Mais erwarten Bauern 50 Prozent Ausfall. Beim Getreide schwanken die Erträge erheblich. Die Kartoffelernte wurde vielerorts unterbrochen.