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Urteil Striegel muss manche Lügen erdulden

Das Landgericht Magdeburg gibt Sebastian Striegel in seiner Klage wegen eines Flüchtlings-Kommentars im Internet teilweise Recht.

Von Elisa Sowieja 18.12.2015, 00:01

Magdeburg l Grünen-Politiker Sebastian Striegel hat mit seiner Klage gegen einen Facebook-Nutzer wegen eines Kommentars zu Flüchtlingen nur einen Teilerfolg erzielt. Das Landgericht in Magdeburg verbot Striegels Gegner am Donnerstag, vereinzelte falsche Behauptungen aus diesem Kommentar zu verbreiten.

Ein Mann aus dem Saalekreis hatte in dem sozialen Netzwerk einen Beitrag geteilt, in dem es um den Einsatz des Landtagsabgeordneten für Flüchtlinge ging. Darin wurde das Gerücht gestreut, Striegel habe bei einem Neujahrsem-pfang im Burgenlandkreis zu viel getrunken und sich mit einem Dezernatsleiter geprügelt; zudem würde er fordern, in einem Flüchtlingsheim jedes Zimmer mit einem Fernseher auszustatten und würde Flüchtlinge anstacheln, sich mit dafür einzusetzen.

Richter Robert Glinski urteilte nun: Die Lügen zum Neujahrsempfang muss Striegel nicht hinnehmen – die zu den Fernsehern aber schon. Warum? Bei Letzteren handele es sich um eine Mischung aus Tatsachenbehauptung und Meinungsäußerung, sagt er. „Das ist ein – wenn auch kein guter – Beitrag zur aktuellen politischen Disskussion.“ Außerdem seien diese Behauptungen nicht persönlichkeitsverletzend, und der Facebook-Nutzer habe vermutlich nicht gewusst, dass es sich um Lügen handelt.

Striegel hat für den zweiten Teil des Urteils kein Verständnis. Er überlegt, in Berufung zu gehen: „Natürlich fühle ich mich in meiner Persönlichkeit verletzt. Ich werde dargestellt als jemand, der in exzessiver Weise Flüchtlinge gegenüber anderen privilegieren will.“

Nach Kenntnis von Gerichtssprecher Christian Löffler ist dies der erste Zivilprozess am Magdeburger Landgericht, der sich mit Gerüchten im Internet zum Thema Flüchtlinge befasst.

Strafrechtlich wurde in Magdeburg zuletzt im Oktober ein Facebook-Nutzer verurteilt. Das Amtsgericht verhängte gegen einen 38-Jährigen nach einem Hass-Kommentar wegen Volksverhetzung eine Geldstrafe von 900 Euro. Die Zahl der Fälle, in denen Polizei und Staatsanwaltschaft in Sachsen-Anhalt wegen Hetze im Internet gegen Flüchtlinge ermitteln, hat sich seit 2013 versiebenfacht. Das Innenministerium rechnet mit einem weiteren Anstieg. Die Aufklärungsquote bei diesen Verfahren liegt bei 73 Prozent. Die Landespolizei recherchiert im Internet bislang nur bei konkreten Anlässen.