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Polizeialltag Dumm gelaufen, blöd gelandet

Der Polizeialltag ist nicht nur ernst. Gelegentlich sorgen auch kuriose Einsätze für Schmunzler, die auf Silvesterpartys erzählt werden.

Von Matthias Fricke 30.12.2015, 00:01

Magdeburg l Zu mehreren hunderttausend Einsätzen rückte die Polizei im vergangenen Jahr in Sachsen-Anhalt aus. Einige werden den Polizisten sicher in Erinnerung bleiben.

Das dürfte selbst die härtesten Kriminellen aufregen. Da stellt man seinen Fluchtwagen ordentlich in einem Gewerbegebiet ab, um etwas weiter entfernt aus einem Reifenhandel ein paar Reifen zu stehlen. Und dann sind plötzlich die eigenen Räder weg. Der Wagen bleibt aufgebockt auf ein paar Steinen zurück. So geschehen am 13. Mai in Halberstadt. Die drei betroffenen Diebe dürfte das aber nicht stören. Denn den Transporter benötigen sie in dieser Nacht ohnehin nicht mehr. Als sie gerade ein paar gestohlene Reifen auf ein anderes Fahrzeug umladen wollen, klicken die Handschellen. Denn die Ganoven haben doppeltes Pech und werden von der Polizei auch bei ihrem Diebstahl beobachtet.

Die einen verdrängen, dass sie amtlich gesucht werden, andere glauben nur fest daran. So wie am 28. Juni gegen 3 Uhr in der Otto-von-Guericke-Straße in Magdeburg. Ein 24-Jähriger flüchtet in jener Nacht plötzlich über die Gleise vor zwei Bundespolizisten. Als die Beamten den jungen Mann fassen, fragen sie ihn: Warum sind Sie vor uns weggelaufen? Völlig erschöpft antwortet der erstaunt: Na, weil Sie mich doch per Haftbefehl suchen. So sehr die Polizisten auch ihre Datenbank bemühen, sie finden keinen Haftbefehl. Es bleibt dafür aber ein Verwarngeld in Höhe von 25 Euro für die filmreife Flucht über die Gleise.

Weniger ängstlich zeigen sich hingegen am 3. Dezember drei Zeitgenossen aus Haldensleben. Die Polizei kann bei ihnen gleich sechs Haftbefehle in kurzer Zeit vollstrecken. Ein 19-Jähriger bringt die Beamten auf die richtige Spur. Er teilt mit, dass sich ein gesuchter 18-Jähriger in einer bestimmten Wohnung aufhalte. Er ahnt freilich nicht, dass auch er nach seinem Ausweis befragt werden würde. Gleich zwei Haftbefehle können somit gegen ihn auf einen Schlag vollstreckt werden. Freilich kassieren die Beamten anschließend auch den verratenen 18-Jährigen ein. Was dann folgt, lässt die Beamten staunen. Es erscheint die 17-jährige Schwester des festgenommen 19-Jährigen. Sie wolle ihrem Bruder nur eine wichtige Nachricht übermitteln. Doch vorher können sie ihr selbst eine wichtige Information geben: Gegen sie liegen gleich drei Haftbefehle vor.

Schleppe nie Deinen Nachbarn zur Polizei, wenn Du selbst keine Spur besser bist. Gegen diese Binsenweisheit verstößt Anfang Mai ein 33-Jähriger in Stendal. Er klingelt an der Einlasstür der Bundespolizei und präsentiert seinen 27-jährigen Nachbarn mit den Worten: „Hier, gegen den liegt ein Haftbefehl vor.“ Stimmt, bestätigt sich schnell. Der vorgeführte Nachbar sollte sich wegen Brandstiftung am Amtsgericht verantworten, erschien dort aber nicht. Allerdings steht auch der nette Hinweisgeber auf der Fahndungsliste. In der Zelle bleiben sie nun vorübergehend weiter Nachbarn.

Einem 29-Jährigen reichen die 234 Höhenmeter in Blankenburg im Harz am 30. August nicht mehr aus, um nahe genug an der Sonne zu sein. Er klettert auf einen 75 Meter hohen Schornstein. Das wiederum empfinden Polizei, Rettungsdienst und Feuerwehr als höchst ungewöhnlichen Aussichtspunkt, so dass sie mit kompletten Mannschaften anrücken. Via Lautsprecher verständigen sich Bodenpersonal und Kletterer schließlich auf einen geordneten Abstieg. Kein Problem, der Mann ist professionell mit Sicherungsseilen ausgerüstet. Auf die Frage der Rettungskräfte, was er denn auf dem Schornstein wollte, antwortet er: „Na, den Sonnenaufgang ansehen!“

Dass dies unter Touristen Schule machen könnte, gilt als unwahrscheinlich. Wer will sich schon den Luxus von mehreren hundert Euro Einsatzkosten gönnen.

Kleinere Probleme löst man auf dem Lande gleich selbst, ohne viel Aufheben darum zu machen. Das sagt sich am 13. Dezember auch ein 44-jähriger Opelfahrer, der gerade mit gut zwei Promille am Steuer seinen Wagen direkt in den Dorfteich von Reppichau (Anhalt-Bitterfeld) gelenkt hat. Der Mann klettert unverletzt aus dem Wagen, um sich umgehend den Traktor seines Vorgesetzten zu holen. Mit diesem fährt er zurück zum Unfallort, steigt mit einer Kette ins eiskalte Wasser, befestigt diese am Auto und los geht es. Mit triefendem Auto im Schlepptau tuckert der Betrunkene in Richtung nächster Ortschaft. Freilich nicht ohne dabei am Fahrbahnrand aufgestellte Schilder zu rammen. Gerade noch rechtzeitig, bevor er ein Fahrzeug der Freiwilligen Feuerwehr rammt, setzt die Polizei dem Treiben dann doch ein Ende. Was der Vorgesetzte zum „Ausleihen“ des Traktors meinte, ist nicht überliefert. Es wird aber so schnell ohnehin nicht mehr vorkommen, der Führerschein ist gleich an Ort und Stelle einkassiert worden.

Während manch einer vielleicht ein mulmiges Gefühl bei einer Vernehmung im Polizeirevier hat, präsentiert sich Ende Oktober eine 16-Jährige in Magdeburg sehr souverän. Sie macht ihre Aussage als Zeugin, gibt ihre Personalien an und kommt auch ins Plaudern. Unter anderem darüber, dass sie ja gerade selbst am Steuer sitzend mit dem Auto hergefahren sei. Die Polizisten zeigen sich wenig begeistert und informieren ihre Eltern. Der Vater holt am nächsten Tag das Auto aus der Dienststelle ab. Warum sein Töchterchen sich ohne zu fragen den Familienwagen „ausgeliehen“ hat, ist nicht bekannt.

Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) will an seinem Geburtstag am 19. Februar Kuchen bei einem Bäcker in Coswig kaufen. Dabei beobachtet eine Verkäuferin, wie ein Mann eine 67-Jährige bestehlen will. Als der mutmaßliche Dieb zusammen mit einem Komplizen in einem Auto davonfährt, nehmen Haseloffs Leibwächter die Verfolgung auf und schnappen die Männer. Beide werden festgenommen.

Das Warten auf einen Bummelzug kann gelegentlich sehr ermüdend sein. So ergeht es offensichtlich am 17. März kurz vor Mitternacht auch einem 30-jährigen Mann aus dem Bördekreis. Er wartet an einer Bahnschranke in Klein Oschersleben. Er wartet und wartet, träumt auch nach dem Öffnen der Schranken noch lange von der Weiterfahrt. Bis er unsanft von der Polizei geweckt wird. Doch der Traum hat kein Happy End. Weiterfahren darf er nämlich nicht mit seinen 1,13 Promille Atemalkohol. Demnächst dürfte er dafür nun selbst im Bummelzug sitzen.

Sichtlich irritiert zeigt sich in der Nacht zum 19. Januar ein Autofahrer, als er auf der Bundesstraße 189 bei Colbitz überholt wird. Nicht, weil der VW Touran schneller ist als sein Wagen, sondern weil dieser ihm gehört. Sicherheitshalber ruft der Mann seine Ehefrau an, ob jemand mit dem Auto unterwegs ist. Offenbar ja, aber eben niemand aus der Familie. Der Autobesitzer informiert die Polizei und es beginnt eine rasante Verfolgungsfahrt durch die Börde. Bei Groß Ammensleben kommt der Wagen schließlich von der Fahrbahn ab und bleibt auf einem Acker stehen. Dort kann der 26-jährige Autodieb dann auch festgenommen werden.

Am Sonntagmorgen des 22. März gegen 3 Uhr läuten die Glocken in Bernburg im Salzlandkreis. Doch die Martinskirche ruft dieses Mal nicht zu einem Gottesdienst auf. Wie sich herausstellt, konnten zwei Einbrecher dem roten Knopf der elektronischen Glockensteuerung nicht widerstehen und lösten so für eine viertel Stunde die wohl lauteste „Alarmanlage“ im Ort aus. Die zwei jungen Männer treten deshalb die Flucht über die Kirchenmauern an. Allerdings heftet sich der Pfarrer an die Fersen der Einbrecher. Die von ihm alarmierte Polizei folgt. In der Nähe kann zunächst ein 24-jähriger Mann aus Bernburg gefasst werden. Sein 25-jähriger Komplize wird später ermittelt. Die Kontrolle der Kirchenräume ergibt, dass die beiden Einbrecher sämtliche Räume durchwühlt und eine Tischdecke in Brand gesetzt haben. Zum Diebstahl kam es aber nicht.

Was ein „Tunnelblick“ ist, dürfte ein 54-Jähriger nach einer Fahrt mit seinem Auto durch den Ort Niegripp im Jerichower Land Mitte November erahnen. Er sieht an jenem Tag nur geradeaus und bemerkt dabei auch nicht das Polizeiauto, dem er beim Einbiegen auf die Hauptstraße gerade die Vorfahrt genommen hat. Das besondere an solch einem Tunnelblick: Der Autofahrer erkennt maximal ein Licht am Ende des Tunnels, aber eben nicht das hinter ihm eingeschaltete Blaulicht. Auch das Martinshorn geht bei ihm im allgemeinen Verkehrslärm unter. Erst als nach mehreren hundert Metern das Polizeifahrzeug überholt und sich vor den Wagen setzt, stoppt der Mann. Die Beamten sind jetzt auch wieder in seinem Sichtfeld. Erstaunt über die Kontrolle pustet der entrüstete Autofahrer anschließend 3,2 Promille in das Testgerät.

Polizisten im Jerichower Land zeigen sich am 25. Februar besonders aufmerksam, als sie in Genthin ein ganz langsam fahrendes Auto stoppen. Nicht, weil dieses eine Verkehrsbehinderung für alle anderen darstellt. Sondern weil im Auto überhaupt niemand sitzt. Die Beamten entschließen sich, die Sache selbst in die Hand zu nehmen und stoppen den rollenden Kleinwagen mit großer Mühe und Muskelkraft. Die kurze Zeit später eintreffende 18-jährige Fahrerin konnte sich das autonome Handeln ihres Autos nicht erklären. Es könnte aber an der nicht ausreichend angezogenen Handbremse gelegen haben.

Ein 22-Jähriger wird im März bei einer Polizeikontrolle in Salzwedel ohne Führerschein und Fahrzeugzulassung beim Autofahren erwischt. Ein 51-jähriger Bekannter will ihn mit seinem Auto abholen und wird ebenfalls kontrolliert: Auch er hat keinen Führerschein. Wie die beiden Männer nach Hause kommen, bleibt unklar.