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Abriss SED-Relikt fällt erst nach 30 Jahren

Die frühere SED-Bezirksparteischule in Magdeburg soll verschwinden. Ihr Vorläufer in Ballenstedt wurde von Chinesen gekauft.

Von Steffen Honig 09.02.2019, 00:01

Magdeburg l Mittel aus dem „Stadtumbau Ost“ werden den Abriss möglich machen, um eine Neuinvestition zu ermöglichen. Das Gelände ist lange an einen Privateigentümer verkauft. Von den mehr als 800.000 Euro Abrisskosten zahlen laut Magdeburger Stadtverwaltung der Eigentümer die Hälfte und die Kommune rund 140.000 Euro. Der Rest kommt aus dem Fördertopf. Pläne für eine Neubebauung sind noch nicht öffentlich.

Die frühere Lehranstalt des Marxismus-Leninismus erlebte ihre größte Stunde, als die SED sich bereits aufgelöst hatte: Am 1. Juni 1990 konstituierte sich hier nach dem Umbruch 1989 am 6. Mai 1990 die frei gewählte Stadtverordnetenversammlung Magdeburgs. Mit 114 von 144 Stimmen wurde ein SPD-Politiker namens Willi Polte zum Oberbürgermeister gewählt. Niemand ahnte damals, dass er bis 2001 die Geschicke der Stadt lenken würde.

Die Magdeburger SED-Schule war somit im bewegten Frühjahr ’90 eine Volkskammer im Kleinformat: Eine systemtragende Institution wurde für einen geschichtlichen Wimpernschlag zum Hort der Demokratie.

Die Magdeburger Bildungsstätte war Teil des flächendeckenden Netzes von Parteischulen der SED in der DDR. Es gab sie in jedem Kreis und in jedem Bezirk. Hinzu kam die Parteihochschule „Karl Marx“ beim Zentralkomitee der SED in Berlin. Hier ging es besonders autoritär zu: Rektorin war von 1950 bis 1983 Hanna Wolf, die für ihre stalinistischen Führungsmethoden berüchtigt war. Sie war im Herbst 1989 die einzige, die sich im SED-Zentralkomitee gegen die Absetzung von Generalsekretär Erich Honecker wandte. Die Parteihochschule schlossen die Studenten nach drei Jahren mit dem Grad eines Diplom-Gesellschaftswissenschaftlers ab. Zu den Lehrfächern gehörten Marxismus-Leninismus, politische Ökonomie und Parteigeschichte. An den Bezirks- parteischulen wie in Magdeburg hatten die Kader der Partei dagegen nur einjährige Lehrgänge zu absolvieren.

Die Teilnahme war für eine Karriere in der DDR entscheidender als der Abschluss. Um in Führungspositionen in Staat und Wirtschaft zu gelangen, war ein solcher Kurs nützlich, wenn nicht zwingend. Den Kreisparteischulen blieben kürzere Schulungen vorbehalten, um die Genossen ständig auf den gerade aktuellen Kurs zu bringen.

Bis 1975 waren die SED-Bezirksparteischulen Magdeburg und Halle zusammen in Ballenstedt im heutigen Harzkreis angesiedelt – ausgerechnet im Komplex einer ehemaligen Schule für nationalsozialistischen Nachwuchs (Napola).

Auch hier ist es mit der Nachnutzung seit 1989 nicht recht vorangegangen. Inzwischen wurde ein Teil des wuchtigen Bauwerks von chinesischen Investoren gekauft. Es bleibt gewissermaßen in kommunistischer Hand.