Private Knöllchen und "kreisende Abschlepper" sorgen immer wieder für juristischen Ärger in der Landeshauptstadt Abschleppen: Großstädte haben "größte" Haken
Für Falschparker ist das Pflaster in Halle und Magdeburg am gefährlichsten. Dort gab es die häufigsten "Anordnungen" zum Abschleppen durch das Ordnungsamt. In der Landeshauptstadt kreist zudem seit Jahren ein Abschleppunternehmen und sucht sich seine Aufträge auf Privatflächen selbst.
Magdeburg l Für die Ordnungsämter der Städte und Gemeinden bleibt das Abschleppen von Falschparkern oft das letzte Mittel, um wieder Herr der Lage auf zugeparkten Straßen und Einfahrten zu werden.
Dabei ist auffällig: Kleine Städte lassen so gut wie nie abschleppen. Der Behördenaufwand ist oft zu groß. Torsten Schulz von der Stadt Burg im Jerichower Land (23000 Einwohner) kann sich zum Beispiel nur an einen einzigen Fall bei einer Radsportveranstaltung im vergangenen Jahr erinnern. "Das Auto musste wirklich dringend weg. Ansonsten versuchen wir alles über Verwarn- und Bußgelder zu regeln ", sagt er. Die Kosten für das Abschleppen schlug sich für den Autofahrer mit 188 Euro zu Buche.
Das ist auch der höchste Preis für das Abschleppen im ruhenden Verkehr, der bei einer Umfrage unter zehn Ordnungsämtern in Sachsen-Anhalt genannt wurde. Ansonsten liegen die größeren Städte des Landes bei den Abschlepp-Preisen samt der Gebühren vorne.
Doch wie kommen die unterschiedlichen Preise zustande? Magdeburgs Leiter des Stadtordnungsdienstes Gerd vom Baur: "Zum einen haben wir als Kommune einen recht großzügigen Rahmen für das Festlegen der Verwaltungsgebühr. Wir decken damit alle Unkosten ab, die uns in diesem Zusammenhang entstehen. Unter anderem auch für die Ausschreibung der Abschleppleistung."
In der Landeshauptstadt sind für das Abschleppen im ruhenden Verkehr zwei Unternehmen beauftragt. Eine für den Norden und eine für den Süden der Stadt.
"Wir wollen zum einen nicht, dass die Autofahrer quer durch die Stadt müssen, um ihr Auto abzuholen. Zum anderen benötigen wir für solche große Stadt wie Magdeburg auch immer eine zweite diensthabende Firma", erklärt Gerd vom Baur.
Was das Abschleppen aus dem öffentlichen Raum durch das Ordnungsamt betrifft, liegt aber die Stadt Halle in Sachsen-Anhalt, was das Abschleppen betrifft, weit vorne. Ria Steppan, Sprecherin der Stadt Halle: "Wir hatten im vergangenen Jahr 1624 Abschleppvorgänge." Das sind fast viermal so viele wie in der Landeshauptstadt. Als Grund wird die Hohe Zahl von Politessen in Halle vermutet. Es sind 30 Verkehrsüberwacherinnen. In Magdeburg sind es 12.
Dafür liegt Magdeburg wiederum beim Abschleppen von Privatgrundstücken weit vorne. Der Grund: Die private Abschleppfirma E.A.S.T hält mit einer findigen Geschäftsidee nicht nur die Autofahrer sondern auch die Gerichte in Atem. Normalerweise, so sieht es das Bürgerliche Gesetzbuch vor, kann ein Grundstückseigentümer ein Fahrzeug abschleppen lassen, wenn er sich durch den Falschparker belästigt fühlt. Im konkreten Fall treten die Eigentümer privater Parkflächen wie Wohnungsunternehmen und Supermarktketten ihre Rechte als Dienstleistungsvertrag an das Abschleppunternehmen ab.
Seit Jahren gibt es Kritik an der Praxis der selbsttätig kreisenden Abschlepper und es gibt immer wieder gegensätzliche Urteile in der Rechtsprechung. 2009 war ein Magdeburger Fall deshalb sogar vor dem Bundesgerichtshof (BGH VZ R 144/08) entschieden worden. Das Gericht sah es rechtmäßig an, dass ein Grundstückseigentümer sein Selbsthilferecht zum Abschleppen von Fahrzeugen an ein Abschleppunternehmen übertragen darf. "Dies könne aber nicht schrankenlos erfolgen", hieß es. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss dennoch immer erfüllt sein. Im konkreten Fall hatte der Autofahrer auf einem Supermarktparkplatz am Magdeburger Stadion geparkt. Dabei spielte es für das Gericht keine Rolle, ob noch reichlich freie Parkplätze für Kunden vorhanden waren oder nicht.
Anders wiederum sah es in einer Entscheidung des Amtsgerichtes am 20. Januar 2012 aus. Der Autofahrer Heinz Wisniewski hatte 2011 auf einem Gästeparkplatz eines Wohnviertels im Süden Magdeburgs geparkt. Er hatte nach eigenen Angaben lediglich vergessen, seine Parkscheibe, wie es das Schild verlangte, richtig einzustellen. Während im öffentlichen Parkraum nur ein Zehn-Euro-Knöllchen fällig geworden wäre, musste der Autofahrer seinen Wagen bei der Abschleppfirma für 165 Euro abholen. Das Amtsgericht stufte in seinem damaligen Urteil 160 C 1191/11 (160) das Vorgehen des Abschleppunternehmens als "Forderungsinkasso" ein, was laut Auffassung des Gerichts als "Rechtsdienstleistung" gilt. Nach Auffassung der Amtsrichter sei dies ein Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz und nahmen dabei auf ein Urteil des Oberlandesgericht Naumburg Bezug.
Die Anwältin der Abschleppfirma ging in Berufung, die Verhandlung vor dem Magdeburger Landgericht soll im Oktober dieses Jahres stattfinden. Allerdings kam ein anderer ähnlicher Fall gegen die Abschleppfirma jetzt dieser Entscheidung zuvor. So sah am 24. Juli dieses Jahres das Landgericht Magdeburg gegensätzlich zum Urteil des Amtsgerichtes keine "Rechtsdienstleistung" im Sinne des gleichnamigen Gesetzes. Die Klage wurde abgewiesen. Damit bekam der Autofahrer seine 181 Euro am Ende doch nicht zurück.
Stefanie Krahmer, Anwältin der Abschleppfirma E.A.S.T., rechnet mit einem gleichlautenden Urteil im Oktober. Das hat auch die Zivilkammer des Landgerichtes in einem Schreiben an beide Anwälte angedeutet. Allerdings: Der Fall könnte noch eine Wende erfahren, wenn die Straße als Parkraum dem Verkehr öffentlich gewidmet wurde. In dem Fall wäre das Abschleppen nicht rechtens. Rechtsanwalt für Verkehrsrecht Ronni Krug: "Das prüfen wir gerade." Die Ausein-andersetzung mit dem Thema privates Abschleppen wird die Gerichte demnach auch weiter beschäftigen.
Ähnlich sei es auch mit den privaten Knöllchen. Am Kölner Platz am Hauptbahnhof gibt es oft Verwirrung am Parkautomat. Er wird betrieben von der Firma Contipark GmbH aus Berlin. Wer an dieser Stelle keinen Parkschein zieht, muss im Gegensatz zum öffentlichen Parkplatz nicht fünf sondern gleich 30,20 Euro bezahlen. Verkehrsanwalt Ronni Krug: "In jedem Fall sollte man einen Nachweis über das angebliche Falschparken bei solchen privaten Anschreiben einfordern. In den mir bekannten Fällen gab es danach keine Reaktion mehr."
Die Privatfirma müsste 75 Euro Gerichtskosten mit Mahnverfahren vorschießen, was oft zu viel ist und das "Verfahren" dann seitens der Firma eingestellt wird.