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800 Rettungsschwimmer sind in der Badesaison an Seen und in Freibädern in Sachsen-Anhalt im Einsatz Arbeiten, wo andere die Seele baumeln lassen

Von Katrin Wurm 27.07.2011, 04:34

Jedes Jahr geschehen in Freibädern und an Seen viele Badeunfälle. Rettungsschwimmer sollen diese verhindern. Dass das nicht immer leicht ist, weiß Thomas Metje. Der Haldenslebener ist als Rettungsschwimmer und Schwimmwart im Zielitzer Freibad tätig und weiß um die wichtigen Aufgaben, welche die Lebensretter bewältigen müssen.

Zielitz. Fünf Menschen sind 2010 bei Badeunfällen in Sachsen-Anhalt ums Leben gekommen. "Vergleichsweise ist das eine geringe Zahl", sagt Holger Friedrich, Geschäftsführer der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) Sachsen-Anhalt. 2010 kamen in Deutschland 500 Menschen bei Badeunfällen ums Leben, trauriges Schlusslicht ist Bayern. Ausruhen wolle sich der DLRG Sachsen-Anhalt aber nicht. "Es ist immer viel zu tun, um die Zahl so gering wie möglich zu halten", so Friedrich.

Im Freibad Zielitz (Bördekreis) ist die Ferienzeit angebrochen: Eine erfrischende Brise weht über das Gelände. Ein sonnengebräunter Mann - der Rettungsschwimmer Thomas Metje (45) - steht am Beckenrand. Er dreht den Kopf zur Seite und macht sich einen Überblick vom Geschehen. Am Himmel funkelt die Sonne. Nur ab und an schieben sich einige Wolken vor den heißen, gelben Ball.

"Was Schlimmes ist hier zum Glück noch nicht passiert"

Stimmenwirrwarr, der Geruch nach Pommes Frittes, tropfendes, zuckersüßes Wassereis - all das gehört zum Schwimmbad-Gefühl dazu. Ist es auch das, was den Haldenslebener am Freibad so fasziniert und warum er diesen Beruf gewählt hat? "Es ist vor allem - so wie es das Wort schon sagt - das Gefühl, hier frei zu sein ", sagt er.

Thomas Metje ist fest angestellter Schwimmwart. Im Gegensatz zu vielen ehrenamtlichen Rettungsschwimmern, macht er diese Tätigkeit hauptberuflich. Der Zweig Rettungsschwimmen ist nur ein Teil des Schwimmwartberufs.

Metjes Tagesablauf im Freibad ist gut durchgeplant und das sei auch wichtig, um Gefahren, die aufgrund mangelnder Sorgfältigkeit entstehen, aus dem Weg zu gehen: Zuerst dreht er eine Runde über das Gelände, schaut, ob alles noch an Ort und Stelle ist und nichts geklaut wurde. Die Technik - insbesondere die Filter und die Heizanlagen - stehen unter ständiger Beobachtung des Schwimmmeisters. "Es gehört auch zu unserem Berufsbild, Verletzungsgefahren außerhalb des Wassers aufzuspüren", erklärt er und zeigt den Spielplatz, das Beachvolleyball-Feld und den Minigolfplatz.

"An Krachertagen sind zwischen 700 und 750 Badegäste hier", so Metje. An solchen Tagen ist die Konzentration des Schwimmmeisters besonders gefragt. Überall müsse man seine Augen haben, Obacht geben und auch mal ein Pflaster mehr als sonst verteilen. "Was Schlimmes ist hier zum Glück noch nicht passiert", sagt Metje.

Doch er erinnert sich auch an andere Situationen in Schwimmbädern, in denen er vor der Zeit in Zielitz arbeitete. Einmal sei ein Badegast mit dem Kopf zuerst in ein flaches Becken gesprungen. "Heute sitzt die Person im Rollstuhl. Das sind Ereignisse, die man nicht vergisst", so der 45-Jährige nachdenklich.

Metje wird während der Saison von einem Rettungsschwimmer in Rente unterstützt. "Prinzipiell kann erstmal jeder Rettungsschwimmer werden", sagte er. Doch man müsse schon dafür gemacht sein und einige besondere Fähigkeiten wie Durchsetzungsvermögen mitbringen.

Das bestätigt auch Holger Friedrich vom DLRG Sachsen-Anhalt: "Die erste Voraussetzung Rettungsschwimmer zu werden, ist natürlich, dass derjenige gut schwimmen kann. Aber auch soziales Engagement sollte ein Rettungsschwimmer mitbringen."

Bereits im Alter von zwölf Jahren könne man bei den lokalen DLRG-Stätten mit der Rettungsschwimmer-Ausbildung beginnen. Am Ende der Kurse findet eine Prüfung in Theorie und Praxis statt. Die Prüflinge können das Deutsche Rettungsschwimmerabzeichen in Bronze, Silber und Gold bekommen.

In den Kursen werden verschiedene Rettungsschwimm-Techniken zum Transport und An-Land-Bringen eines Verunglückten sowie Maßnahmen zur Wiederbelebung gelehrt. Der theoretische Teil enthält außerdem wichtige Hinweise zur korrekten Einschätzung von Risiken und Gefahren und dem Selbstschutz des Retters bei einer Rettung.

In die Praxis - also ins Freibad oder an den See - dürfe man aber erst im Alter von 15 Jahren und Begleitung eines erwachsenen Rettungsschwimmers. In Sachsen-Anhalt sind etwa 800 Rettungsschwimmer ehrenamtlich tätig.

Eins ist für Rettungsschwimmer und Schwimmwart Thomas Metje aus Zielitz klar: "Wenn man in diesem Beruf arbeitet, übernimmt man Verantwortung." Das Idealbild vom muskulösen Rettungsschwimmer, dem die Mädchen zu Füßen liegen, der auf seinem Podest über dem Strand mit dem Fernglas nach Luft schnappenden Hilfesuchenden Ausschau hält, verwirft Metje schnell. "Das ist ein schönes Bild - aber gerade in unseren Gegenden völliger Quatsch. "

"Man muss Kinder schnell an Wasser gewöhnen"

Zu seinen Aufgaben im Zielitzer Freibad gehört auch der Schwimmunterricht mit Kindern. "Man muss versuchen, Kinder so schnell wie möglich an Wasser zu gewöhnen. Bauen sie erstmal Angst auf, fällt ihnen das Schwimmenlernen auch schwerer und sie bleiben immer eher unsicher", berichtet Thomas Metje von seinen Erfahrungen.

Wie wichtig die Ausbildung für die nächste Generation ist, bestätigt auch Holger Friedrich: "Desto mehr Kinder und Jugendliche eine Rettungsschwimmer-Ausbildung machen, desto sicherer wird es an deutschen Seen und in Freibädern. Schließlich können Rettungsschwimmer nicht nur anderen helfen, sondern auch sich selbst."

Zudem müssten Tagebauseen und Steinbrüche, die erst seit kurzem zum Baden freigegeben sind, unter besonderer Beobachtung stehen. Ebenso bergen stillgelegte Freibäder, in denen Wachen fehlen, Gefahren. "Das sind die ungesicherten Gefahren, die noch bestehen", so Friedrich.