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Arbeitszeit Kurzarbeit in Sachsen-Anhalt nimmt stark zu

Die Auftragslage in einigen Branchen in Sachsen-Anhalt wird schlechter. In Unternehmen steigt die Kurzarbeit um 73 Prozent.

Von Massimo Rogacki 31.07.2019, 01:01

Magdeburg l Kurzarbeit in Sachsen-Anhalt nimmt massiv zu. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Zahl der Betriebe, die Kurzarbeit beantragt haben, um 73 Prozent (von 79 auf 137). Betroffen sind 2639 Beschäftigte. Das ist ein Anstieg von 113 Prozent gegenüber dem ersten Quartal des vergangenen Jahres (1237 Kurzarbeiter). Grund seien die konjunkturellen Eintrübungen der letzten Monate, heißt es von der Regionaldirektion Sachsen-Anhalt/Thüringen der Bundesagentur für Arbeit (BA). Drei Viertel der Anzeigen kommen aus dem Verarbeitenden Gewerbe, es folgt die Baubranche.

In den Abteilungen des Autozulieferers Nemak aus Wernigerode wird seit April tageweise Kurzarbeit praktiziert. Grund dafür sind laut Geschäftsführer Frank Lehmann Auftragsrückgänge. Das Unternehmen produziert Zylinderköpfe, -blöcke und Fahrwerkssteile. Betroffen sind am Standort 700 Mitarbeiter. Auch der Elektromotorenhersteller VEM motors aus Wernigerode lässt ab August in Kurzzeit produzieren.

Burkhard Büttner, Gewerkschaftssekretät der IG Metall Halberstadt, verzeichnet derzeit eine Reihe von Unternehmen, die sich auf schwierigere Zeiten einstellen. Schichten und Leiharbeit würden zurückgefahren, Arbeitszeitkosten gesenkt.

Kay Senius, Chef der Arbeitsagenturen in Sachsen-Anhalt, geht von einer „konjunkturellen Delle“ aus. Kurzarbeit sei indes ein Frühindikator für die Entwicklung der Wirtschaft. Insbesondere die Autozulieferer sähen sich mit Unsicherheiten aufgrund des Umstiegs auf andere Antriebsverfahren konfrontiert. Negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt hielten sich noch in Grenzen. Grund: Der Anteil der Beschäftigten im Verarbeitenden Gewerbe sei deutlich niedriger als in anderen Bundesländern. Zudem sei Sachsen-Anhalt weniger als andere Länder vom Export abhängig. Der Brexit und der Handelskonflikt zwischen den USA und China dürften demnach nicht die starke Wirkung zeigen, prognostiziert Senius.

Im ostdeutschen Maschinen- und Anlagenbau mehren sich unterdessen die Anzeichen für eine Konjunkturabkühlung, meldet der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA Ost). „Kunden ordern zunehmend weniger neue Maschinen und Dienstleistungen“, sagt Geschäftsführer Reinhard Pätz. Laut Umfrage registrierten 40 Prozent der Betriebe weniger Aufträge als im Vorquartal. Noch seien viele Auftragsbücher aber gut gefüllt.

Arbeitgeberverbände bringen bereits ein Instrument aus der Finanzkrise 2009 ins Spiel. Der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Ingo Kramer, forderte: „Angesichts der anhaltenden Sorge um die Automobilindustrie und den Maschinen- und Anlagenbau sollte die Bundesregierung jetzt mit einer Gesetzesänderung zur Kurzarbeit tätig werden.“ Das Arbeitsministerium müsse ermächtigt werden, großzügigere Regeln bei Bedarf schnell in Kraft setzen zu können. Die BA zahlt maximal 12 Monate lang Kurzarbeitergeld aus konjunkturellen Gründen.

Um erheblichen Umbrüchen wie etwa in der Autoindustrie zu begegnen, brauche es Instrumente wie das Transferkurzarbeitergeld, sagt Thorsten Gröger, Bezirksleiter der IG Metall Niedersachsen und Sachsen-Anhalt. Dabei werde Kurzarbeit mit einer umfassenden Qualifizierung für neue Jobs verbunden. „Da sperren sich bisher leider die Arbeitgeber“, so Gröger.