Hunderttausende Weihnachtsbäume werden derzeit eingesammelt / Kompost oder Winterfeuer Bäumchen wechs\'le dich: Erst Fest, dann Feld
Des Deutschen liebster Weihnachtsschmuck muss derzeit von jeder Haustür abgeholt und eingesammelt werden. Für die Abfallbetriebe ist das die erste Mammutaufgabe des neuen Jahres.
Magdeburg l Uwe Fricke steuert seinen Radlader frontal in das Tannengrün. Er schiebt die Bäumchen mit der Schaufel auf die Bergspitze. "Da muss man aufpassen. Wenn ich zu schräg heranfahre, kippt mir der Radlader um", ruft der Kraftfahrer aus dem offenen Fenster und schiebt eine neue Ladung auf den grünen Hügel. Platz muss her. Der Tannenbaumhaufen im Recyclingpark Harz nahe Heudeber ist schon fast zehn Meter hoch.
Vom 7. Januar bis Mittwoch dieser Woche hat die kommunale "Entsorgungswirtschaft Harz" (Enwi) im gesamten Landkreis Harz die Weihnachtsbäume abgeholt und nach Heudeber gebracht. Aus jedem Dorf und von jeder Haustür in der Stadt. Etwa 70000 Wohngrundstücke gibt es im Harzkreis. "So um die 40000 Bäume haben wir in den vergangenen Tagen eingesammelt", erzählt Enwi-Vorstand Ingo Ziemann. 150 Tonnen schwer ist die weihnachtliche Hinterlassenschaft. "Die meisten Einwohner lassen ihren Baum von uns abholen. Aber es gibt auch Ausnahmen", erzählt der Fachmann.
So hat in Stapelburg die Feuerwehr die Bäume eingesammelt, um damit beim "Knutfest" am zurückliegenden Wochenende ein Feuer zu entfachen. Die Tradition geht auf den dänischen König Knut IV. (11. Jahrhundert) zurück und markiert in Skandinavien das Ende der Weihnachtszeit. Weil ein Feuer im Winter immer eine gute Idee ist, wollen im nächsten Jahr auch Ilsenburg und Danstedt im Harzkreis "knutmäßig" ihre Bäumchen entsorgen.
In Heudeber kümmert sich nun der "Doppstadt Büffel DW 3060" um den Harzer Baumschmuck. Acht Meter lang, drei Meter breit ist die gewaltige Schreddermaschine. Recyclinghof-Betriebsleiter Ralf Spengler: "Den Haufen schaffen wir an einem Tag." Die geschredderten Bäume gehen am Ende eine gar nicht festliche Verbindung ein. Spengler: "Wir mischen das Material mit Schlamm aus dem Klärwerk. Das gibt einen guten Kompost." Vier Anteile Weihnachtsbaum, ein Anteil Sch... "Das muss dann ein paar Monate rotten, und landet im Spätsommer auf den Feldern als Dünger", erzählt Spengler.
Auch die Bäumchen aus Magdeburg gehen diesen Weg. "180 Tonnen sind bislang zusammengekommen", erzählt Ingo Geschke, zuständiger Sachgebietsleiter im städtischen Abfallwirtschaftsbetrieb. Das entspricht etwa 48000 Weihnachtsbäumen. In Magdeburg gibt es keine festen Abhol-Termine. Geschke: "Jeder, der eine Biotonne hat, darf den Baum daneben stellen. Wir nehmen ihn dann mit."
Etwa 18000 große und kleine Biotonnen stehen in Magdeburg - vor Einfamilienhäusern und großen Wohnkomplexen. Die Müllautos der Landeshauptstadt bringen die Bäume zum westlichen Stadtrand, von dort schafft sie der private Entsorger "Rasch" zum Recyclinghof der KRD GmbH nach Atzendorf bei Staßfurt im Salzlandkreis.
Geld verdient niemand an den alten Bäumchen, sagen die Fachleute. Die Erlöse aus dem Kompost und die Müllgebühren der Bürger decken - wenn überhaupt - die Kosten der Entsorgung.
Wie viel Bäume insgesamt in Sachsen-Anhalt nach dem Weihnachtsfest den Weg des Düngers gehen, zählt niemand. Legt man die Zahlen aus dem Harzkreis und der Stadt Magdeburg zugrunde, dürften es im nördlichen Sachsen-Anhalt so um die 300000 Bäume sein. Für die hat die weihnachtsliebende Kundschaft vor sechs Wochen so um die sechs Millionen Euro bezahlt - bei einem angenommen Durchschnittspreis von 20 Euro pro Baum.
Was für ein nobler Dünger! Hergestellt aus Tradition und Toilette.