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Bildung Streit um längere Wege zu Berufsschulen

Kammern kritisieren Sachsen-Anhalts Bildungsminister für Pläne, Fachklassen an Ausbildungseinrichtungen stärker zu zentralisieren.

Von Alexander Walter 02.06.2018, 01:01

Magdeburg l Pläne von Bildungsminister Marco Tullner (CDU) für ein neues Berufsschulkonzept stoßen in Teilen der Wirtschaft auf heftige Kritik. Ab kommendem Schuljahr will Tullner 70 sogenannte Mischklassen an den Berufsschulen bis auf Ausnahmen abschaffen. An ihre Stelle sollen verstärkt Fachklassen treten, in denen Auszubildende eines Berufszweigs auch aus weiterem Umkreis zusammenkommen. Die Zahl dieser Klassen soll von 186 auf 196 steigen.

In den Mischklassen lernen Auszubildende verwandter Berufe etwa in der Elektro- und Bautechnik im ersten Lehrjahr zusammen. Der Vorteil aus Sicht von Handwerks- sowie Industrie- und Handelskammer (IHK): Die Ausbildung kann in vielen Fällen nah am Wohnort erfolgen.

Minister Tullner hält Mischklassen fachlich nicht für sinnvoll: So seien die Ausbildungsinhalte oft identisch, die Anforderungen aber verschieden. Zudem müssten Schüler im zweiten und dritten Schuljahr häufig die Berufsschule wechseln, um sich zu spezialisieren, das führe zu Planungsunsicherheit. Mit der Neuregelung soll die Ausbildung von Anfang bis Ende an einer Schule erfolgen.

Nach Schätzungen von IHK und Handwerkskammer Magdeburg kämen durch die Reform landesweit auf 1150 Azubis weitere Wege zur Berufsschule zu. Handwerkskammer-Hauptgeschäftsführer Burghard Grupe sprach von einem falschen Signal. Bei einem ohnehin extremen Nachwuchsmangel gebe es schon jetzt Fälle, in denen Bewerber wegen zu langer Wege Ausbildungen ablehnten oder abbrechen. „Das wird nach den Plänen verstärkt auf uns zukommen“, sagt auch Stefanie Klemmt, Geschäftsführerin Berufsbildung bei der IHK. Es bestehe die Gefahr, dass in bestimmten Regionen Fachkräfte gar nicht mehr ausgebildet werden.

Klemmt kritisiert zudem mangelnde Kommunikation: „Das Ministerium hat das Gespräch mit den Kammern im Vorfeld leider nicht gesucht.“. Das Ministerium weist das zurück: „Es war ein besonderes Anliegen, im Vorfeld der Klassenbildung sowohl die Schulen als auch die Kammern und Innungen intensiv zu beteiligen.“

Die Behörde betonte zudem, für die Zahl von Schülern mit verlängerten Anfahrtswegen gebe es keine bekannte statistische Grundlage. Für manche Schüler würden Wege sogar verkürzt. So würden sieben bislang an nur einem Standort angebotene Landesfachklassen durch regionale Fachklassen mit mehreren Ausbildungsorten ersetzt.