Bildungs-Studie Wirtschaft besorgt über Pisa-Ergebnis
Schon wieder nur ein durchschnittliches Pisa-Zeugnis für Deutschland: Die IHK Magdeburg fordert ein Umdenken in der Bildungspolitik.
Magdeburg l Nach der gestern veröffentlichten Studie liegt Deutschland weiter über dem Durchschnitt der Wirtschaftsnationen – jedoch mit nachlassenden Ergebnissen. So verschlechterten sich die Resultate in den untersuchten Kompetenzfeldern Lesekompetenz, Mathematik und Naturwissenschaften. Die Leseleistungen der deutschen Schüler sanken nach Verbesserungen in den vorherigen Pisa-Tests wieder auf das Niveau von 2009. Die deutsche Industrie ist alarmiert. Der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Achim Dercks, verwies auf die deutschen Unternehmen, in denen Kenntnisse und Fähigkeiten in den Bereichen Naturwissenschaften, Mathematik und Lesen benötigt würden, um "einen guten Start ins Berufsleben zu finden". Deutschland dürfe sich "mit durchschnittlichen Ergebnissen nicht zufriedengeben", sagte er.
Sachsen-Anhalts Bildungsminister Marco Tullner (CDU) fordert weitere Anstrengungen. "Die Ergebnisse sind stabil", sagte er. "Wir dürfen uns mit diesen allerdings nicht zufriedengeben. Unsere Ansprüche liegen höher."
Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Magdeburg, die die Interessen von 50.000 Unternehmen im Norden Sachsen-Anhalts vertritt, fordert ein "fundamentales Umdenken in der Bildungspolitik".
IHK-Präsident Klaus Olbricht sagte gestern, Sach- und Fachkenntnisse der Schulabgänger würden kontinuierlich sinken. Betriebe müssten zunehmend Versäumnisse in der allgemeinen Bildung durch eigene Lehrprogramme ausgleichen. Es mangele bei den Schulabgängern an Problemlösungskompetenz sowie sozialer und persönlicher Reife. Olbricht: "Das zeigt sich insbesondere in unzureichender Belastbarkeit, gering ausgeprägter Frustrationstoleranz und mangelhafter Zielstrebigkeit." Der "Leistungsverfall" sei besonders brisant vor dem Hintergrund, dass viele Ausbildungen immer komplexer und anspruchsvoller würden. Die IHK Magdeburg fordert unter anderem ein längeres gemeinsames Lernen. Schüler sollten frühestens nach der achten Klasse getrennt werden. Dann solle es verbindliche Laufbahnempfehlungen geben. Derzeit müssen Eltern schon in der vierten Klasse entscheiden, ob ihre Kinder auf eine Sekundarschule oder aufs Gymnasium gehen. Die IHK-Vertreter sehen im längeren gemeinsamen Lernen einen Weg, um die Zahl von Schulabbrechern (11,4 Prozent im Land) zu verringern. SPD, Linke und Grüne begrüßten den IHK-Vorschlag des längeren gemeinsamen Lernens. "Ein Umdenken ist überfällig", sagte Angela Kolb-Janssen (SPD). Thomas Lippmann (Linke) nannte die IHK-Analyse "vollkommen zutreffend". Wolfgang Aldag (Grüne) erklärte: "Die IHK gibt uns Rückenwind."
Die CDU sieht das Konzept skeptisch und fürchtet, dass dadurch leistungsstarke Schüler ausgebremst werden.