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Führer von Spezialhunden trafen sich in der Altmark zur Ausbildung von "Mantrailern" "Bluthund": Trotz kalter Spur, die Supernase kriegt sie alle

Von Bernd Kaufholz 29.09.2011, 04:26

Seit Jahren treffen sich Mitglieder der German Bloodhound Mantrailing Association (GBMA), Rettungskräfte und Hundeführer der Polizei aus ganz Deutschland im nördlichen Sachsen-Anhalt. Ziel ist es, die "Bloodhounds", eine Hunderasse, die durch ihre Supernasen als "Mercedes unter den Fährtenhunden" gilt, auszubilden und die Vorteile dieser sogenannten Mantrailer bekannt zu machen.

Stendal. "Armin" zieht so stark an der Leine, dass Annette Hartig beinahe ins Laufen gerät. Der Bloodhound hat am Stendaler Nordwall die Witterung aufgenommen.

"Gut! Such!", ermuntert die Frau vom DRK Erfurt ihren zwei Jahre alten "Bluthund". Und "Armin" lässt sich das nicht zweimal sagen. Mit seiner Supernase erschnüffelt er die Fährte, die aus kleinsten Geruchspartikeln besteht. Für normale Fährtenhunde, wie sie an der Hundeführerschule Sachsen-Anhalts ausgebildet werden, oft schon zu "kalt", um noch aufgenommen zu werden.

Unerreichte Spezialisten

Der Bloodhound zieht nach links in eine kleine Einfahrt mit totem Ende. Dreht sich um, als müsse er sich neu orientieren und läuft dann in eine Nebenstraße. Dabei interessieren ihn weder die Passanten noch die knatternden Fahrzeuge. Noch eine Ecke und schon hat er den "Vermissten" gefunden. Lob vom "Frauchen", und noch größeres von Jerry Nichols.

Der Amerikaner – seit 34 Jahren Polizist und seit 24 Jahren Mantrailing-Experte, gehört zu den Ausbildern, die an der Veranstaltung der GBMA teilnehmen.

Insgesamt sind es in diesem Jahr 30 Teams von Rettungseinheiten und Polizei, darunter aus den USA, Spanien und Öster-reich, die ihre Hunde weiterbilden.

Ariane Conrad ist Präsidentin des GBMA, der 2004 gegründet wurde. Sie sagt: "Die Ausbildung der Hunde endet nie."

Zum GBMA-Kreisverband "Östliche Altmark" gehören drei ausgebildete Bloodhounds und zwei, denen gerade die Nasen trainiert werden, damit sie zu den "unerreichten Spezialisten" werden, wie es Jürgen Conrad formuliert, der viele Jahre Hundeführer bei der Polizei in Sachsen-Anhalt war. Er ist ein Verfechter dafür, dass bei der Landes-Polizei "Mantrailer" eingesetzt werden. Der Bereitschaftsführer beim DRK-Kreisverband "Östliche Altmark" bedauert, dass zwei Pilotprojekte ohne Erfolg abgebrochen wurden.

"Das erste lief 2001/2002, das zweite von Ende 2004 bis 2010. Wir wollten damit erreichen, dass die Mantrailer zum festen Bestandteil der Polizeihundestaffeln werden."

Das Scheitern bedauert auch die Präsidentin des GMBA, Ariane Conrad: "Die besondere Eigenschaft der Hunderasse liegt auf der Hand und ist unbestritten. Der Bloodhound kann auch sogenannte kalte Spuren erschnüffeln. Also Spuren, die älter als 48 Stunden sind."

Die Rasse kommt aus den Ardennen und man kann sie bis ins Mittelalter zurückverfolgen. Mit ihr wurden Hirsche aufgespürt. Über England kam sie dann in die USA. Dort stellte man fest, dass mit den Bloodhounds auch Wilddiebe gefunden werden können.

Für Gerhard Wohllaub vom GBMA könnte die Spezialrasse ein "wertvolles Einsatzmittel für die Polizei sein". Die Erfolge in den USA, aber auch in anderen Ländern – einschließlich Deutschlands – seien nicht wegzudiskutieren. "Man muss nur über den Tellerrand hinweg sehen wollen."

Dass jedoch bei der Fahndung nach dem Doppelmörder vom Magdeburger Heumarkt auf Mantrailer von außerhalb Sachsen-Anhalts zurückgegriffen wurde, kann Wohllaub nicht verstehen. "Wir sind doch vor Ort und das ist doch auch eine Kostenfrage."

Dabei seien die Altmärker Mantrailer in der Vergangenheit schon mehrmals vorrangig im Norden Sachsen-Anhalts eingesetzt worden – sozusagen auf dem kleinen Dienstweg – bei Vermisstensachen.

Ariane Conrad erinnert sich: "Eine suizidgefährdete Rentnerin war in Oschersleben verschwunden. Mehrere Tage nach dem Verschwinden wurde mein Hund angefordert." Er sei zielgerichtet sieben Kilometer gelaufen – bis zum Schwimmbad. Dort war die Rentnerin tot aufgefunden worden. Gerhard Wohllaub plädiert dafür, dass die Diensthundeführerschule des Landes in Pretzsch mit der German Bloodhound Mantrailing Association kooperiert: "Ich bin mir sicher, dass eine Ausbildung der Mantrailer – selbst, wenn sie gewollt wäre – in Pretzsch nicht möglich wäre. Denn man muss regelmäßig mit den Tieren arbeiten. Der hohe Zeitaufwand ist dort nicht zu machen."

Kritische Sicht

Ariane Conrad sieht "Polizeieinsätze" durch private Mantrailer durchaus nicht unkritisch. "Also bei Vermisstensachen geht das in Ordnung. Aber bei der Suche nach Straftätern habe ich so meine Bedenken. Da müsste schon abgesichert sein, dass die Gefährdungslage niedrig ist. Aber wer gibt mir da schon eine Garantie." Und ein großes Polizeiaufgebot sei auch kein einhundertprozentiger Schutz.

Jerry Nichols lobt "Armin" und sagt zur Hundeführerin Annette Hartig: "Good, very good." Der Polizist und Ausbilder bei der LEBA (US-Bloodhound-Vereinigung) bildet zur Zeit in Afghanistan Polizisten aus. Er kann sich Mantrailer aus der amerikanischen Polizeiarbeit nicht wegdenken. Er kann mit den Spezialisten, die nicht wie die in Pretzsch ausgebildeten Fährtenhunde Bodenverletzungen (Geruch, den Bakterien in der Spur eines Menschen ausströmen), sondern Mini-Geruchs-Partikeln – und das selbst noch nach Tagen – folgen, schon viele Erfolge verzeichnen.

"In Denver Colorado war ein fünf Jahre altes Kind entführt worden", berichtet er. "Vier Tage nach dem Kidnapping wurde ich mit meinem Hund eingesetzt. Der Mantrailer lief 17 Meilen (rund 27,4 Kilometer). Dann fanden wir das Kind – tot, ermordet." Der Täter sei ermittelt und verurteilt worden.

Präsidentin Ariane Conrad sieht Licht am Ende des Tunnels, was eine Zusammenarbeit mit der Polizei Sachsen-Anhalts betrifft. "Innenstaatssekretär Ulf Gundlach hat sein Interesse bekundet. Er wollte schon am gegenwärtigen Mantrailing-Seminar teilnehmen, war jedoch verhindert." Aber aufgeschoben sei ja nicht aufgehoben.