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Forschung Sachsen-Anhalts vergessene starke Frauen

Geschlechterforscherin Prof. Dr. Eva Labouvie hat ihr erstes Buch zur Rolle von Frauen im Raum Sachsen-Anhalt vorgestellt.

19.02.2016, 23:01

Magdeburg (rs) l „Viele Frauen haben Geschichte gemacht, aber keine geschrieben“, sagt die Historikerin Prof. Dr. Eva Labouvie vom Institut für Geschichte der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg. Sie hat nun ein Buch vorgelegt, das erstmals mitteldeutschen Frauen einen gebührenden Platz in der Geschichte gibt. Das Lexikon „Frauen in Sachsen-Anhalt“ stellt Frauen vor, die sich vom Mittelalter bis zum 18. Jahrhundert im Raum des heutigen Sachsen-Anhalts und darüber hinaus durch ihr Können, ihr Engagement und ihre gestalterische Kraft in besonderer Weise verdient gemacht haben.

Darunter sind – natürlich – Berühmtheiten wie Zarin Katharina die Große, die Mutter Ottos des Großen, Königin Mathilde, Katharina von Bora, die Frau Martin Luthers, die Mutter Otto von Guerickes Anna, Magdalena Bach, die Frau Johann Sebastian Bachs, oder die Bildhauerin Gertrud Gröninger, die allein in der Klosterkirche in Haldensleben im 17. Jahrhundert 26 plastische Werke hinterließ. Aber auch viele völlig unbekannte und heute zu Unrecht vergessene Frauen.

„Die Beiträge im Lexikon machen schnell deutlich, dass herausragendes Wirken von Frauen weder vereinzelt vorkam noch eine Kuriosität darstellte“, unterstreicht Professorin Labouvie. „Nimmt man alle Frauen, zu denen recherchiert wurde, zusammen, so kommt man auf eine stattliche Zahl von 221.“

Ausgehend von einem Masterseminar entstand in zweieinhalb Jahren intensiver Arbeit ein Buch mit 422 Seiten und 105 Frauenporträts, illustriert mit 34 farbigen und 68 schwarz-weißen Abbildungen, aufgeschrieben von 53 Autorinnen und Autoren aus der Geschichts-, Erziehungs-, Literatur-, Kunst- und Musikwissenschaft, der Theologie, Rechts- und Kirchengeschichte oder Gesundheitsökonomie, die aus Deutschland, den USA, den Niederlanden, Österreich und der Schweiz für das Projekt gewonnen wurden.

Bei dem Band handelt es sich weniger um ein klassisches Lexikon als vielmehr um die Besonderheit eines biografisch-bibliografischen Lexikons. In ihm finden sich fundierte wissenschaftliche Artikel zu den einzelnen Frauen und ihren Leistungen, zudem enthalten alle Artikel an ihrem Ende Verzeichnisse aus gedruckten und ungedruckten Quellen, zu eigenen, vor allem künstlerischen, Werken der Frauen und zu Bildern, die sie darstellen, sowie zu wissenschaftlicher Literatur, die einen Überblick über die Intensität der bisherigen Erforschung der Frau, deren eigener Produktivität und die vorhandene Quellenlage geben.

„Der Band verbindet den wissenschaftlichen Blick auf Berühmtheiten mit der erstmaligen Präsentation des Wirkens starker Frauen, die heute völlig zu Unrecht in Vergessenheit geraten sind“, unterstreicht die Herausgeberin Eva Labouvie. „Das Lexikon soll Einblick in jene große Zahl von Frauen geben, die des Rückholens aus der Vergessenheit harrten, zum Zwecke ihrer adäquaten Berücksichtigung und Anerkennung im regionalen und überregionalen historischen Gedächtnis. Die neuesten Forschungsergebnisse können dazu beitragen, den Frauen nicht selten erstmals einen Platz in der Geschichte zu geben, neue Aspekte der regionalen und der Frauengeschichte sichtbar zu machen und ältere Darstellungen, wenn überhaupt vorhanden, kritisch zu durchleuchten.“

Ein Band 2 des Lexikons zum 19. und 20. Jahrhundert soll sich anschließen, stellt die Professorin für Geschichte der Neuzeit/Geschlechterforschung an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg in Aussicht.

Das Lexikon ist erschienen unter dem Titel „Frauen in Sachsen-Anhalt. Ein biographisch-bibliographisches Lexikon vom Mittelalter bis zum 18. Jahrhundert“ im Böhlau Verlag Köln/Weimar/Wien und kostet 50 Euro.