Jeder Siebente in Sachsen-Anhalt gibt seine Stimme per Briefwahl ab Computer-Experte warnt vor Wahlbetrug
Magdeburg l Jeder siebte Sachsen-Anhalter hat seine Stimme zur letzten Bundestagswahl 2009 per Briefwahl abgegeben. Doch ist das System sicher vor Manipulationen? Ein Informatiker bezweifelt das.
Der Computer-Sicherheitsexperte Arnim Rupp warnt zur Bundestagswahl im September vor Wahlbetrug. Nach einem Bericht des "Spiegel" demonstrierte der Informatiker auf einer Konferenz, wie er mit Scanner, Drucker und Computer Briefwahlunterlagen täuschend echt fälschen kann. "Wer sich die Wahlordnung genau durchliest, merkt schnell, worauf man achten muss, damit bei der Auszählung nichts auffällt", sagte der 42-Jährige dem Magazin.
"Gefälschte Briefwahlunterlagen mit Fantasienamen fallen nicht auf." - Arnim Rupp, Computerexperte
Das Problem: Die Wahlscheine werden bei der Auszählung nur mit der Liste der für ungültig erklärten Wahlscheine abgeglichen, nicht mit dem kompletten Wahlscheinverzeichnis. Es sind keine amtliche Unterschrift und kein Stempel auf dem Wahlschein notwendig.
"Gefälschte Briefwahlunterlagen mit Fantasienamen fallen also weder dadurch auf, dass es die Namen gar nicht gibt, noch durch irgendwelche Sicherheitsmerkmale. Es erfolgt nicht einmal ein Vergleich der Anzahl an ausgegebenen mit der an eingegangenen Briefwahlunterlagen", schreibt Arnim Rupp auf seiner Internetseite.
Zur letzten Wahl 2009 nutze bundesweit jeder Fünfte die Stimmabgabe per Post, in Sachsen-Anhalt jeder Siebte. Am 22. September werden schätzungsweise rund neun Millionen Deutsche auf diese Weise wählen. Droht bei der Bundestagswahl eine Wahlmanipulation in großem Stil? Sachsen-Anhalts Innenministerium wiegelt ab. Es bestünden keine Bedenken am Briefwahlsystem. "Dafür fehlen konkrete, empirische Untersuchungen, die den Missbrauch nachweisen", sagte Sprecherin Pia Leson der Volksstimme. "In Sachsen-Anhalt sind bisher keine Fälschungen oder Fälschungsversuche bekannt." Dutzende Fälle von Wahlpannen und Missbrauch in anderen Bundesländern hat Arnim Rupp auf seiner Internetseite dokumentiert. Das Bundesverfassungsgericht hat seine Wahlprüfungsbeschwerde zur Briefwahl trotzdem zurückgewiesen.
"In Sachsen-Anhalt sind keine Fälschungen oder Fälschungsversuche bekannt." - Pia Leson, Sprecherin Innenministerium
Rupp kritisiert: "Die leichte Fälschbarkeit der Briefwahlunterlagen wurde gänzlich ignoriert." Das Schwierigste beim Fälschen sei gerade mal, das Originalpapier und Briefwahl-umschläge zu bekommen. Doch auch das sei machbar.
Abschaffen will Arnim Rupp die Briefwahl nicht. Er fordert mehr Sicherheitsvorkehrungen im Zeitalter der Computer. Sein Vorschlag: Ein normaler Stempel auf dem Wahlschein würde das Fälschen schon erheblich erschweren. Ohne bessere Sicherheitsmaßnahmen werde die Dunkelziffer der Manipulationen sehr hoch sein. Rupp sagt: "Die Gefahr, erwischt zu werden, ist sehr gering."