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Corona-Impfaffäre Halles OB lässt Ministerin auflaufen

Bernd Wiegand weist Kritik an Impfungen für Mandatsträger erneut zurück. Wie viele neben ihm geimpft sein könnten, lässt er offen.

Von Alexander Walter 10.02.2021, 00:01

Magdeburg l In der Affäre um vorzeitige Corona-Impfungen für sich, Stadträte und Beigeordnete hat Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) schriftliche Kritik von Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne erneut zurückgewiesen.

In einem Brief an Wiegand hatte die SPD-Politikerin die Stadt zur Stellungnahme aufgefordert und darauf verwiesen, dass der verwendete Rest-Impfstoff stets zu Gunsten von Impfberechtigten der höchsten Priorität (über 80-Jährige, Medizin-Personal) einzusetzen sei. Für das Vorgehen der Stadt Halle, Mandatsträger bevorzugt zu impfen, habe sie „kein Verständnis“, stellte Grimm-Benne weiter klar. Wiegand sagte gestern: In Halle gehe es nicht um allgemeine Vorgaben zur Verwendung von Restimpfstoff, sondern um die „letzten ein, zwei Spritzen“ eines Tages – und darum deren Verfall zu verhindern.

Dafür habe das Land keine Regelung vorgelegt. Die Stadt indes habe ein Verfahren entwickelt, bei dem nach Rettungsdienstmitarbeitern oder Ärzten zuletzt auch Verwaltungsspitzen und Stadträte per Zufallsgenerator befragt wurden, ob sie geimpft werden wollen. „Ich muss mittlerweile vermuten, dass man das nicht verstehen will“, ergänzte der OB.

In ihrem Brief erfragt Grimm-Benne auch, ob neben Wiegand sowie Stadträten andere Amtsträger etwa von städtischen Unternehmen vorzeitig geimpft wurden. Wiegand lehnte es gestern ab, öffentlich für Transparenz zu sorgen: „Ich gehe hier nicht rum und frage, wer geimpft wurde“, sagte er. Die städtische Tochter Stadtwerke Halle ließ eine Anfrage bis Redaktionsschluss unbeantwortet. Die Linke im Stadtrat Halle äußert unterdessen Zweifel am Zufallsprinzip bei der Vergabe von Restimpfstoff-Dosen.

Der Fraktionschef der Linken im Stadtrat von Halle, Bodo Meerheim, wurde nach Angaben seiner Fraktion gleich drei Mal von Halleschen Impfteams angerufen und gefragt, ob er eine Corona-Impfung erhalten will. Beim dritten Mal sagte Meerheim zu, sagte Stadtratschefin Katja Müller (Linke) gestern. Das Vorgehen indes spreche klar gegen die Darstellung von Halles OB Wiegand zum Umgang mit angebrochenen Restimpfdosen.

Wiegand zufolge wurde in Halle in einem Ad-hoc-Verfahren zunächst vorrangig Berechtigten, wie Medizin-Personal, angeboten sich impfen zu lassen, bevor in einem letzten Anruf auch Verwaltungsspitzen und Stadträte nach dem Zufallsprinzip kontaktiert wurden, um zu verhindern, dass Impfstoff verfällt. Wiegand selbst hatte eingeräumt, bereits Mitte Januar auf diesem Weg eine Impfung erhalten zu haben.
 
Auch die Darstellung Wiegands, der Stadtrat sei über das Ad-hoc-Verfahren voll ins Bild gesetzt worden, wies Müller zurück. Richtig sei: Die Fraktionsspitzen und der Hauptausschuss seien lediglich informiert worden, dass Stadträte für eine Impfung in der Prioritätsgruppe 3 ihre Handynummer hinterlegen können.

Nach der vorzeitigen Impfung von 330 Polizisten im Kreis Stendal hat Landrat Patrick Puhlmann (SPD) unterdessen gestern seinem ersten Beigeordneten Sebastian Stoll die Verantwortung für das Impfzentrum entzogen. Stoll hatte zuvor die Verantwortung für die eigenmächtige Impfaktion der Beamten entgegen der Impfreihenfolge übernommen.