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Corona-Krise Virtuelle Konzerte

Café Central Magdeburg: Musik wird per Online-Stream in die Wohnungen der Kundschaft übertragen.

Von Alexander Walter 21.05.2020, 01:01

Magdeburg l Wo sonst Studenten, Künstler, Kiezbewohner im Licht der Barlampen ihr Bier im Magdeburger „Café Central" trinken und lebhaft diskutieren, war es wochenlang still. Fahrräder sind zwischen Tischen geparkt. Werkzeug liegt herum. Es ist ein ernüchterndes Bild, wie am Morgen nach einer zu langen Party.  Seit Wochen fehlen die Gäste. Die Corona-Krise sei eine der herausforderndsten Zeiten des Cafés, sagt Julia Mantwill, eine von vier Inhabern des Central. Sie wollten die Situation aber nicht tatenlos hinnehmen.

Bei den Besitzern entstand eine Idee: „Wenn die Leute nicht ins Central kommen können, warum nicht das Central zu den Leuten bringen?", fragt Mantwill. Motivation war dabei nicht in erster Linie das Geld, sagt sie. „Wir verstehen uns als Treffpunkt, wollen Menschen weiter zusammenbringen, Kulturstätte bleiben und etwas für unsere Stadt Magdeburg tun."

Tatsächlich ging das Central nur zwei Tage nach der Schließung aller Lokale in Sachsen-Anhalt als eines der ersten mit dem Stream eines Live-Konzerts online.  Anfangs freitags und samstags auf Sendung, sind die Centraler inzwischen auf Mittwoch und Donnerstag umgestiegen. Gäste können sich bei den virtuellen Veranstaltungen unter dem Motto „Central digital" auf sozialen Medien wie Youtube, Twitter oder Twitch dazuschalten und per Kommentarleiste mitreden.

„Richtig gut funktionierte ein Vortrag des Reiseautors Toni Hinze über eine Norwegen-Tour", so Mantwill. Solche Reise-Vorträge wolle das Central nun ausbauen. Erst kürzlich sprach zudem der in Magdeburg lebende New Yorker Jonathan Failla live mit Ärzten in den von der Pandemie besonders geplagten USA. Zudem ging es virtuell sogar auf Pilgerreise durch Spanien. „Wenn es Input gibt, zieht das die Leute an", sagt Julia Mantwill. Das Café habe also bereits aus Erfahrungen gelernt. 30 bis 70 Leute kommen inzwischen im Schnitt zu einer virtuellen Veranstaltung – etwa so viele, wie sonst auch im Café sitzen würden.

Bei allem Erfolg fallen die Einnahmen online noch bescheiden aus: Gerade 100 Euro kommen im Schnitt pro Abend zusammen. „Die Spenden aus der virtuellen Hutkasse sind eine schöne Wertschätzung, das ist toll, aber unsere Fixkosten deckt das bei Weitem nicht", so die Inhaberin. Studenten, darunter mehrere aus dem Ausland, die im Central kellnern, sind deshalb derzeit ohne Einkommen. Aber immerhin: Alle vier Café-Inhaber haben parallel andere, sichere Jobs. Die Krise ist damit nicht existenzbedrohend.

Eine tragfähige Einnahme-Alternative hat das Café in der Krise also nicht gefunden. Aber immerhin ein zweites Standbein. Ein weiteres wollen Café-Managerin Mantwill und ihre Mitinhaber mit der Vermarktung der Marke „Café Central" aufbauen. T-Shirts mit dem Symbol des Treffpunkts wurden bereits gedruckt. „Dafür hatten wir viele Bestellungen", sagt die Besitzerin.

Wie geht es nach der Krise weiter? „Wir sind im Moment weder panisch noch euphorisch", sagt Mantwill. Selbst wenn – wie von der Landesregierung angestrebt – am 18. Mai alle Lokale wieder öffnen dürfen, komme erstmal der Sommer mit erfahrungsgemäß sinkenden Gästezahlen.

„Wenn wir dürfen, werden wir aber in jedem Fall unsere Terrasse öffnen", sagt Julia Mantwill. Abstandsregeln könne man dort gut einhalten. Mit einem echten Aufschwung rechnet sie aber erst im Oktober. Bis dahin will das Central seine virtuellen Veranstaltungen in jedem Fall durchziehen. 

So oder so, zu feiern gibt es 2020 trotz Corona in jedem Fall eine Kleinigkeit: Das Central wird in diesen Wochen 15 Jahre alt. 2005 hatte das Café, damals noch an anderem Standort in der benachbarten Leibnizstraße, angefangen. Julia Mantwill war seit den Gründungstagen dabei,  anfangs auch als Kellnerin. Das Jubiläum ihres Cafés würde die Magdeburgerin gern begehen - am liebsten nicht virtuell, sondern mit vielen Gästen.