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Corona-Pandemie Sachsen-Anhalts Firmen in Not

Angesichts der sich zuspitzenden Corona-Pandemie blickt die Industrie- und Handelskammer (IHK) Magdeburg besorgt in die Zukunft.

Von Michael Bock 05.11.2020, 18:29

Magdeburg l „Die Lage ist sehr ernst“, sagte IHK-Präsident Klaus Olbricht gestern bei einer Pressekonferenz in Magdeburg. Der seit Monatsbeginn geltende vierwöchige „Teil-Lockdown“ in Sachsen-Anhalt treffe die Wirtschaft im Land genauso hart wie im ersten Halbjahr.

Seit Montag gelten hierzulande erneut strenge Kontaktbeschränkungen. Gaststätten müssen bis Ende November schließen, Hotels dürfen keine Urlauber aufnehmen, Fitness-Studios sind erneut dicht, der Kulturbetrieb muss ruhen. Ziel ist es, eine Überlastung von Gesundheitsbehörden und Krankenhäusern zu verhindern.

Welche Auswirkungen hat das für die 50 000 IHK-Mitgliedsunternehmen zwischen Altmark und Harz? Über Erwartungen und Stimmungen der gewerblichen Wirtschaft im Norden Sachsen-Anhalts gibt der sogenannte Geschäftsklimaindex Auskunft. Dieser hat sich aktuell im Vergleich zum zweiten Quartal dieses Jahres nicht wesentlich verbessert. Er fällt mit 78,6 von maximal möglichen 200 Punkten zwar um drei Punkte besser aus, liegt damit aber immer noch auf dem Niveau des Jahres 2009 – seinerzeit wütete die Weltfinanzkrise.

„Das Ergebnis zeigt, wie massiv unsere Wirtschaft von der Corona-Pandemie insgesamt betroffen ist“, sagte Olbricht. Laut jüngster Konjunkturumfrage der IHK bewertet derzeit bewertet nur ein Fünftel der Unternehmen die aktuelle wirtschaftliche Situation mit gut, 29 Prozent jedoch mit unzureichend.

Ähnlich sind auch die Erwartungen der Wirtschaft an die kommenden zwölf Monate. Auch hier überwiegt Pessimismus. Das sind einige Ergebnisse der IHK-Umfrage:

l Industrieunternehmen: Diese bewerten ihre Lage weiter negativ. Problematisch werden die Auftragseingänge gesehen, beim Umsatz überwiegen ebenfalls die negativen Einschätzungen. Auch bei den Geschäfts- und Umsatzerwartungen behält der Pessimismus die Oberhand. Hier rechnet die Branche mit einer Verschlechterung in den Folgemonaten, allerdings nicht mehr so stark wie im Vorquartal.

l Baugewerbe: Dort trübt sich die Geschäftslage merklich ein. Die bis zuletzt gut gefüllten Auftragsbücher leeren sich. Die Geschäftserwartungen der Unternehmen erreichen bei Weitem nicht mehr die insgesamt guten Vergleichswerte des Vorjahres.

l Handel: Die Lageeinschätzungen im Handel haben sich aufgehellt. Allerdings: Die Ausgangslagen im Groß- und Einzelhandel sind sehr unterschiedlich. Vor allem die Mehrzahl der Großhandelsunternehmen berichtet verstärkt über sinkende Umsätze.

Auch bei den Einzelhändlern gibt es kein homogenes Bild. Während 47 Prozent von steigenden Umsätzen und einer im Vergleich zum Vorquartal höheren Konsumneigung berichten, stehen diesen mehr als ein Drittel gegenüber, die aktuell gegenteilige Erfahrungen machen.

Die Prognosen deuten indes darauf hin, dass sich die Situation in nächster Zeit kaum verbessern wird. Die Umsatzerwartungen im Groß- und Einzelhandel sind stark rückläufig.

l Gastgewerbe: Sowohl im Beherbergungs- als auch im Gastronomiebereich berichtet mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen von Umsatzrückgängen. Entsprechend sehen die Geschäftserwartungen aus.

l Verkehrsunternehmen: Diese schätzen ihre Geschäftslage aktuell mehrheitlich negativ ein. Nahezu identisch zum zweiten Quartal berichten sechs von zehn der Befragten von einem gesunkenen Transport- beziehungsweise Auftragsvolumen. Nur 17 Prozent konnten Zuwächse realisieren.

Die IHK dringt indes darauf, dass die angekündigten Entschädigungen für betroffene Betriebe schnell und unbürokratisch gezahlt werden. Gerade im Gastgewerbe sei das Eigenkapital nach monatelanger Corona-Krise vielfach aufgezehrt, sagte IHK-Geschäftsführer André Rummel. Die bisherigen Hilfen hätten zur Überbrückung geholfen, aber die weggefallenen Umsätze nicht ausgeglichen. „Den Unternehmen muss während des Lockdowns geholfen werden und nicht erst danach“, betonte Rummel.

Auch Hauptgeschäftsführer Wolfgang März kritisierte das Agieren der Bundesregierung. Seit acht Monaten sei bekannt, dass es die Pandemie gebe, sagte er. Wenn es dann die Entscheidung für eine zweite Schließung von Branchen gebe, müssten auch die Kompensationsleistungen vorbereitet sein. „Das Perverse ist: Erst wird versprochen, hohe Entschädigungen zu zahlen, und jetzt wird das auf die lange Bank geschoben.“ Es sei unklar, wie viele Unternehmen durchhielten, wenn der Staat erst im Dezember oder Januar zahle, sagte März.