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Corona „Selbständige gehen leer aus - das ist nicht fair“

Die von der Corona-Krise betroffenen Selbständigen sind unzufrieden: kein Lohn, verspätete Soforthilfen, hohe Belastungen.

24.04.2020, 09:38

Magdeburg (js) l Sie fordern Änderungen. Volksstimme-Reporter Jens Schmidt sprach mit Wulfhard Böker, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Harz-Bode. Er ist zuständig für die Region Halberstadt, Quedlinburg, Aschersleben und Staßfurt.

 

Volksstimme: Herr Böker, wie läuft es bei den Soforthilfen?

Wulfhard Böker: Schleppend. Ein Beispiel: Von den 40 Friseurbetrieben in unserem Bezirk haben erst sechs Geld auf dem Konto. Die Lage ist für fast alle Unternehmer mies.

Reicht die Hilfe nicht?

Es ist ein Lichtblick – aber mehr ist es meistens nicht. Mit der Soforthilfe werden nur Betriebskosten wie Mieten oder Zinsen gedeckt. Frisöre aber sind oft im eigenen Haus. Die haben kaum Betriebskosten und bekommen daher auch wenig Geld. Die Soforthilfe sollte pauschal ausgezahlt werden. Ohne große Rechnerei und Bedingungen. Für Soloselbständige und Kleinbetriebe mit bis zu fünf Mitarbeitern wären das 9000 für drei Monate. Das würde den meisten richtig helfen. Hinzu kommt: Die Unternehmer haben für sich persönlich aber nichts. Angestellte bekommen Kurzarbeitergeld – was gut ist. Unternehmer aber gehen leer aus. Die Soforthilfe trägt bisher keinen Unternehmerlohn.

Die Wirtschaftsminister der Länder fordern den Bund jetzt auf, hier nachzubessern.

Das ist auch gut und wichtig. Wenn Betriebe auf staatliche Anordnung schließen müssen, dann muss der Staat auch wenigstens einen Teil des ausgefallenen Unternehmerlohns ersetzen.

Wie viel Unternehmerlohn-Hilfe sollte das sein?

Wenn die Soforthilfe nicht nachträglich verändert wird, halte ich 2500 bis 3000 Euro brutto monatlich für angemessen.

Würden dann manche mehr bekommen als sonst?

Das wären vielleicht ein paar Einzelfälle; aber bei den allermeisten träfe das nicht zu. Man muss ja noch bedenken: Nach einer Öffnung werden die Geschäfte erst allmählich wieder anlaufen, und die Umsätze dürften erstmal lau ausfallen.

Auch Selbständige können die Grundsicherung – also Hartz IV – beantragen. Die Arbeitsagentur sagt dazu, keiner sollte sich dafür schämen.

Die Selbständigen haben jahrelang gearbeitet und Steuern gezahlt. Jetzt Hartz IV zu beantragen, ist für die meisten – auf gut Deutsch – ein Scheißgefühl. Zudem: Verdient der Ehepartner einigermaßen normal, gibt es ohnehin keine Grundsicherung. Also müssen Selbständige sofort die Rücklagen angreifen. Das ist nicht fair. Schließlich haben sie nicht schlecht gewirtschaftet. Sie wurden zum Stillstand gezwungen.