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Reaktionen Darf ein Beamter AfD-Mitglied sein?

Seehofer will prüfen, welche Folgen eine Parteimitgliedschaft für Beamte haben kann. Die Reaktionen in Sachsen-Anhalt sind unterschiedlich.

Von Michael Bock 13.02.2019, 00:01

Magdeburg l „Das ist eine Frage, die wir derzeit noch sehr genau prüfen. Sie wird öfters an uns herangetragen“, sagte Bundesinneminister Horst Seehofer (CSU) den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Deshalb habe ich mein Haus gebeten, diese Frage der Mitgliedschaft und welche Verpflichtungen für einen Beamten entstehen hinsichtlich der politischen Zurückhaltung, noch mal sehr genau für mich zu prüfen.“ Seehofer hob hervor, dass die Prüfung von politischen Aktivitäten durch Beamte und Staatsbedienstete für alle Richtungen gelten solle, sowohl „für Rechts- wie für Linksradikale“. Der Verfassungsschutz hatte Mitte Januar die AfD insgesamt zum „Prüffall“ erklärt. Genauer hinschauen will die Behörde beim rechtsnationalen „Flügel“ der AfD und bei der Jungen Alternative. Beide wurden als „Verdachtsfall“ eingestuft. Von einem Verdachtsfall spricht der Verfassungsschutz, wenn seiner Auffassung nach „hinreichend gewichtige Anhaltspunkte“ dafür vorliegen, „dass es sich um eine extremistische Bestrebung handelt“.

Aus Sachsen-Anhalt kamen Dienstag unterschiedliches Reaktionen. SPD-Innenpolitiker Burkhard Lischka sagte, er begrüße Seehofers Vorstoß. Denn: „Wer als Beamter – ob Lehrer, Richter oder Polizist – unserem Staat dient, muss auf dem Boden des Grundgesetzes stehen.“ Das schließe Extremisten, gleich welcher Couleur, aus. „Bei großen Teilen der AfD habe ich aber seit langem den Eindruck, dass diesen unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung völlig fremd ist“, sagte er. „Dass diese Teile der AfD vom Verfassungsschutz jetzt genauer unter die Lupe genommen werden, hat meinen Eindruck nur bestätigt.“

Der Landeschef der Gewerkschaft der Polizei, Uwe Bachmann, sagte: „Bei einer AfD-Mitgliedschaft muss sehr genau geprüft werden, ob die Loyalität zum Dienstherrn gegeben ist.“

Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) sagte hingegen: „Die AfD ist keine verfassungsfeindliche Partei. Darum gibt es auch keinen Grund, jemanden wegen der Parteimitgliedschaft aus dem öffentlichen Dienst zu entfernen. Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass man eine Partei mit anderen Mitteln plattmachen will, wenn man keine Argumente hat.“ Die Union werde die AfD inhaltlich stellen, ergänzte er.

Linken-Fraktionschef Thomas Lippmann erklärte: „Es geht Seehofer nicht um den Schutz der Demokratie, schon gar nicht vor der AfD. Er zählt ohnehin zu ihren lautstärksten Förderern. Vielmehr entsteht der Eindruck, dass der Innenminister versucht, der Gesinnungsschnüffelei Tür und Tor zu öffnen.“ Er konstruiere einen Zusammenhang, der so nicht gegeben sei. Beamten hätten Dienstpflichten gegenüber ihren Dienstherren. „Diese sind gesetzlich geregelt und haben mit einer etwaigen Parteimitgliedschaft nichts zu tun beziehungsweise haben von einer solchen nicht tangiert zu werden.“

Das Thema war zuletzt in Thüringen hochgekocht. Bei der Landtagswahl im Oktober wollen vier Polizisten für die AfD ins Parlament einziehen. Kritik übte der thüringische Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Jürgen Hoffmann. Wenn ein Polizist auf einer Wahlliste mit Björn Höcke stehe, „könnte er vielleicht darüber nachdenken, ob das mit den Grundsätzen eines Beamten vereinbar ist“, sagte er. Der Bundeschef der Gewerkschaft der Polizei, Oliver Malchow, sagte, er erwarte, dass jeder Beamte, der für die AfD antrete, sich von Höcke und dem „Flügel“ distanziere.

In Sachsen-Anhalt sitzen zwei Polizeibeamte für die AfD im Landtag. Einer von ihnen ist Hagen Kohl, der bis 2016 im Landeskriminalamt tätig war. „„Ich halte den Seehofer-Vorstoß für überflüssig“, sagte er. Es sei eindeutig geregelt, das „wir als Beamte neutral sein müssen und uns politisch mäßigen.“ Er rufe alle dazu auf, sich von Seehofer „nicht verunsichern zu lassen“.

In der Bundesrepublik Deutschland war 1972 ein „Radialenerlass“ beschlossen worden. Dieser zielte darauf, die Beschäftigung sogenannter Verfassungsfeinde im öffentlichen Dienst zu verhindern. Besonders Lehrer wurden mit einem Berufsverbot belegt. Der Erlass wurde später gekippt.