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Debatte Eine Koalition "auf Messers Schneide"

In Sachsen-Anhalts Koalition brennt es lichterloh: Die SPD zündelt weiter, Landes-CDU-Chef Stahlknecht kündigt zügige Gespräche an.

Von Michael Bock 01.06.2019, 01:01

Magdeburg l Der Ton zwischen den Koalitionspartnern wird immer schärfer. Nachdem die SPD-Fraktionsvorsitzende Katja Paehle der CDU am Dienstag mit einem Forderungskatalog die Pistole auf die Brust gesetzt hatte, legte sie kurz später nach. In einem Gespräch mit der Online-Zeitung der Landes-SPD warf sie der Union „geplante Attacken“ vor. Auf die Frage, ob die Koalition wieder erfolgreich arbeiten könne, antwortete sie: „Es steht auf Messers Schneide.“ Sie befürchte zwar nicht, dass ein Teil der CDU eine Koalition mit der AfD anstrebe: „Aber wenn man die Mehrheitsfähigkeit der Koalition im Landtag untergräbt, dann ist das Wasser auf die Mühlen dieser offen rechtsextremen und rassistischen Partei.“

Vor einer Woche hatte es im Landtag kräftig gerappelt. In der Debatte um die Uniklinika attackierten CDU-Politiker heftig Wissenschaftsminister Armin Willingmann (SPD), woraufhin die Sozialdemokraten die Sitzung unterbrachen.

Danach brachte der CDU-Landtagsabgeordnete Markus Kurze die Grüne gegen sich auf, weil er in der Klimadebatte den Grünen vorwarf, „Hysterie“ zu schüren. Kinder würden „wissentlich belogen“, sagte der CDU-Mann: „Dieser Klimawahn muss zurückgedrängt werden.“

Grünen-Fraktionschefin Cornelia Lüddemann reagierte erbost: „Ich finde das nicht mehr lustig“, sagte sie. „Wir sind der grüne Koalitionspartner. Wir sind nicht mehr bereit, diese Demütigungen hinzunehmen.“ Der CDU-Landtagsabgeordnete Guido Heuer warf den Grünen postwendend auf Twitter vor, Tatsachen zu verdrehen: „In Wahrheit wollen die Grünen die Menschheit wieder zu Jägern und Sammlern machen.“

Paehle sprach von einem „Tiefpunkt der Zusammenarbeit“. Sie fordert, dass die CDU bis zur Sommerpause klar definierte Eckpunkte umsetzt – dazu gehören Vergabegesetz, Azubiticket oder grünes Band.

In der Union kommt dieses Vorgehen nicht gut an. „Bei uns knallt es richtig“, sagte ein Parlamentarier. CDU-Fraktionsvize Ulrich Thomas, der auch Harzer Kreischef ist, wirft den Sozialdemokraten eine „bewusste Provokation“ vor. Deren Forderungskatalog sei „ein Akt der Selbstbefriedigung“, sagte er am Freitag. Und: „Die SPD gießt weiter Öl ins Feuer. Bei den Sozialdemokraten liegen die Nerven blank.“ Das Agieren Paehles sei „weder souverän noch strategisch sinnvoll“, fügte er hinzu.

Der CDU-Landesvorsitzende Holger Stahlknecht warb am Freitag dafür, die hoch emotionale Debatte „wieder auf die Sachebene zurückzuführen“. Sein Ziel sei, dass Sachsen-Anhalt in dieser Koalition „bis zum Jahr 2021 vernünftig weiterregiert wird“. Dazu werde es zügig Gespräche geben.

Der Fraktionschef der Linken, Thomas Lippmann, sagte, die ständigen Provokationen und Demütigungen der CDU gegen SPD und Grüne hätten „längst das Maß des Erträglichen überschritten“.

"Wo führt das noch hin? Für die Opposition ist das großes Popcorn-Kino. Für den staunenden Sachsen-Anhalter ist es einfach nur ein unwürdiges Schauspiel", schreibt unser Autor im Kommentar zum Thema.