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Debatte Heftige Kritik an Kampagne für Feuerwehr

Feuer unterm Landtagsdach von Sachsen-Anhalt. Die Linke wirft Innenminister Holger Stahlknecht von der CDU "Kneipenniveau" vor.

Von Michael Bock 19.04.2018, 20:31

Magdeburg l Die Kampagne geriet schon unter Feuer, als sie noch gar nicht richtig gezündet hatte. Grund: eine Box mit Werbematerial, welche das Ministerium an mehr als 1500 Ortswehren schickte. Darin waren auch Bierdeckel und Postkarten mit der Aufschrift „Feierwehr“ oder „Habe ich einen Brand“. Viele Feuerwehren reagierten erbost. Der Chef des Landesfeuerwehrbandes, Kai-Uwe Lohmann, wurde mit dem Satz zitiert, dies sei ein „Griff ins Klo“.

Mit einem Schlag sei viel Image zerstört worden, ereiferte sich Katja Bahlmann (Linke) im Landtag. Er habe die Wehren viel Arbeit gekostet, „genau dieses Klischee der feucht-fröhlichen Feierrunde abzuschaffen. Eine einfache Entschuldigung reicht nicht aus, um dem erlittenen Imageverlust gerecht zu werden.“ Sie sprach von „Geldverschwendung in der absurdesten Form“ und zitierte aus den sozialen Medien: „Für dieses Kneipenniveau auf höchster Landesebene kann man nur tiefe Verachtung haben.“ Die Linke forderte, die Kampagne komplett zu stoppen und neu zu entwickeln.

Innenminister Stahlknecht sagte, das umstrittene Werbematerial sei nur ein ganz kleiner Teil der 300.000-Euro-Kampagne. Zugleich räumte er ein, sein Haus habe die „Wirkung der Bierdeckel unterschätzt“. Er betonte, dem Landesfeuerwehrverband sei frühzeitig, im Dezember 2017, auch dieser Baustein der Kampagne vorgestellt worden. „Wir verkämpfen uns viel zu sehr im Klein-Klein in Sachsen-Anhalt“, sagte er. Die Kampagne sei ein Erfolg.

Nordrhein-Westfalen habe Millionensummen in eine Imagekampagne gesteckt. Stahlknecht: „Kennen Sie die Werbelinie von Nordrhein-Westfalen? Nein, aber die kennen unsere“, sagte er. Das Bundesland habe bereits Interesse bekundet – ausgerechnet an den „Feierwehr“-Bierdeckeln.

Stahlknecht betonte, es werde am 26. Mai erstmals einen landesweiten „Tag der Feuerwehr“ geben. Mit Tausenden Plakaten werde um neue Feuerwehrleute geworben.

Rüdiger Erben (SPD) bekräftigte, es habe bei den Feuerwehren im Land einen „Proteststurm“ gegeben. „Auch mein Geschmack wurde nicht getroffen“, sagte er. „Auf diese Art von Aufmerksamkeit hätten unsere Feuerwehren gern verzichtet.“ Sebastian Striegel (Grüne) sagte, in Gänze betrachtet sei die Kampagne „auf einem guten Weg“.

Die AfD-Fraktion forderte als Anreiz die flächendeckende Einführung der seit 2009 existierenden Feuerwehr-Rente. Bei dieser privaten Zusatzversorgung zahlen derzeit 75 Kommunen für ihre ehrenamtlichen Retter ein. Beide Oppositionsparteien fielen mit ihren Anträgen durch: Die neue Imagekampagne läuft also wie geplant weiter.

Sachsen-Anhalt ist auf die Arbeit der ehrenamtlichen Retter angewiesen. Denn nur Magdeburg, Halle und Dessau-Roßlau haben eine Berufsfeuerwehr. Doch die Zahl der Helfer sinkt stetig: Knapp 31.800 Aktive waren es 2017 – gut 6100 weniger als noch vor zehn Jahren.