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Rotes Kreuz Hund und Herrchen im Prüfungsstress

Nach zwei Jahren intensiven Trainings stand am Wochenende in Havelberg für elf DRK-Teams die Eignungsprüfung zum Rettungshund an.

Von Janette Beck 29.04.2019, 08:28

Havelberg l Es ist noch früh am Morgen, doch am Havelberger Hundeplatz herrscht bereits Betriebsamkeit. Das Deutsche Rote Kreuz ist mit mehreren Dienstfahrzeugen vor Ort. Aufgeregtes Bellen zerreißt die Stille. Hunde unterschiedlicher Größe und Rasse warten angeleint auf das, was kommt: Einige tun dies mit neugierig gespitzten Ohren und wedelnden Schwanz, andere schauen ängstlich drein und weichen ihrem Besitzer nicht von der Seite. Mit dem Prüfungsstress geht’s den Hunden offensichtlich wie den Menschen ...

Noch aber ist die Stimmung gut, denn die zwei „Azubi“-Hundeführer aus Salzwedel sowie die zwei „alten Hasen“ von der DRK-Rettungshundestaffel Uelzen haben gerade den theoretischen Teil der Prüfung bestanden und sind weiter im Rennen. 25 Fragen mussten in 15 Minuten beantwortet werden. Es ging querbeet: Kenntnisse zu 1. Hilfe, Karte & Kompass, Funken, Einsatztaktik oder Kynologie (Hunde-Lehre) waren gefragt. „War gar nicht so leicht“, bekennt Cindy Wolff, die sich mit ihrer vier Jahre alten „Paula“ – einem Mix aus Husky und Berner Sennenhund - das erste Mal der Rettungshundeprüfung stellt.

Und die ist, wie Annemarie Söder vom DRK-Landesverband betont, „nicht ohne“. Die Durchfallerquote sei vor allem bei Erstprüfungen relativ hoch. „Aber auch bei Hunden, die wie bei den Uelzenern Teams schon etliche Einsätze hinter sich haben, kommt es auf die Tagesform von Hund und Herrchen an.“ Die feine Nase des Vierbeiners kriege sofort Wind vom Adrenalin, weiß Prüfer und Ausbilder Michael Kielau. Der Kölner ist seit 30 Jahren im Geschäft: „Das Problem ist: Alles lässt sich üben, aber nicht der Prüfungsstress. Wenn der Hundeführer nervös ist, dann spürt das der Hund sofort.“ Nicht selten übertrage sich die Körperspannung auf den Vierbeiner.

Auch bei Cindy Wolff wird die Aufregung von Minute zu Minute größer. Die 34-Jährige ist blass, die vorgesteckte Hand zittert. „Vor der Praxis habe ich richtig Bammel. Vor allem vor dem Gehorsamstest. Unterordnen ist nicht Paulas Ding. Beim Training zweimal die Woche auf dem Hundeplatz in Salzwedel ging das zuletzt voll in die Hose.“

Doch zunächst nehmen beide auch die zweite Hürde: Das Verweisen durch Verbellen (Auffinden und Anzeigen einer auf dem Boden liegenden Person durch Bellen) klappt so lala – das Team bekommt die Note 4. „Hauptsache bestanden“, nimmt es Frauchen locker, dass Paula zu lange gebellt hat, zu aufgeregt war, sich von der Zielperson entfernt hat und sich nicht hingelegt hat.

Beim Gehorsamstest kommt dann aber wie befürchtet das böse Erwachen. Denn Paula macht alles, nur nicht das, was sie soll. „Platz“, „Sitz“, Ablegen, Gehen durch eine bewegliche Menschengruppe ohne Hunde, mit Hund ... – „das war ein einziges Desaster“, kennt Prüfer Kielau („Man sieht sofort, ob der Hund in der Hand des Hundesführers liegt oder nicht.“) keine Gnade. Beide seien überfordert gewesen. Mit einem Auge zudrücken wäre keinem geholfen. Es gehe schließlich darum, Menschenleben zu retten. Da müsse noch viel geübt werden. „Und zeigen Sie beim Training weniger Druck und dafür mehr Lebensfreude, dann hat auch der Hund Spaß an der Sache“, gibt der Chef-Prüfer den Altmärkern mit auf den Weg – denn auch Andreas Speck ist mit seinem Labrador Mex durchgefallen. Der Rüde hat mitbekommen, dass läufige Hündinnen mit am Start sind. „Da hat er andere Dinge im Kopf als zu gehorchen“, vermutet Speck. „Macht nichts, die nächste Prüfung ist im Herbst, vielleicht klappt es ja dann.“

Wie‘s geht, zeigt als einzige aller Geprüften an diesem Wochenende Heike Markus. Die 34-jährige Tierärztin besteht mit allen drei Collis die Prüfungen mit Bravour. „So soll es sein, die Hunde lieben ihr Frauchen und sind mit Freude bei der Arbeit“, lobt Tobias Gerlach, Leiter der Rettungshundestaffel Sachsen-Anhalt. Auch bei der abschließenden Flächensuche im Wald zeigen sich Ivy, Aislin und Velvet von ihrer besten Seite. Zielsicher spüren sie die „vermissten“ zwei Personen in der vorgegebenen Zeit auf. Die Hundeführerin ist „total happy, dass es alle drei geschafft haben“. Es stecke ja auch sehr viel Arbeit in der ganzen Sache. Doch auch sie weiß: Nach der Prüfung, ist vor der Prüfung. „Wir müssen auf Zack bleiben.“