20 Boote bis Ende Oktober im Einsatz Die Gondolieri von Wörlitz: Rudern statt staken
Wörlitz (dapd). Henry Henze sieht den Wörlitzer Park auch ein bisschen als sein Zuhause an. Als Gondelfahrer auf den vielen Wasserläufen im Gartenreich fasziniert ihn die Landschaft auch noch nach Dienstschluss. "Manchmal stelle ich mich allein in die Gondel und genieße die abendliche Ruhe auf dem Wasser", sagt er. Für den Beruf des Gondelfahrers müsse man ein wenig verrückt sein, sagt der 37-Jährige. Schon Ende der 1980er Jahre habe er damit sein Taschengeld verdient. Heute gehört er zur Stammmannschaft, dreht täglich bis zu acht Runden mit der 1937 gebauten "Jean-Jacques Rousseau".
Gondelfahrer sind vor allem aus Venedig bekannt. Zwischen den Gondelfahrern dort und denen in Wörlitz gibt es allerdings Unterschiede. So werden die Schiffe im Gartenreich, in denen bis zu 15 Personen befördert werden können, gerudert und nicht mit einer Stange bewegt. 20 Boote schippern über die Wasserflächen im 142 Hektar großen Wörlitzer Park. Wer sie lenken will, muss eine Prüfung ablegen, das Gefährt beherrschen und zudem kommunikationsfreudig sein, wie der Chef der Gondelstation, Tobias Degner, sagt. Es gebe zehn feste Gondelfahrer, weitere würden an Spitzentagen aushelfen.
Im vergangenen Jahr wurden 64000 Gäste gezählt, 2009 waren es 82000. Solche Schwankungen seien normal, sagt Degner. Das Wetter bestimme das Geschäft. Bei Regen lohne es sich eben nicht, durch die Anlagen zu schippern. Für 2011 zeigte er sich aber optimistisch, wieder die Ergebnisse von 2009 zu erreichen. Die Saison dauert vom 1. April bis zum 31. Oktober. Im Winter müssen die Gondelfahrer eine Auszeit nehmen. Henze sagt: "Dann bleibt viel Zeit zum Lesen. Ich schmökere in historischen Büchern, will noch mehr über das Dessau-Wörlitzer Gartenreich erfahren."
Henze vermittelt seinen Passagieren auch stets interessante Details aus der Geschichte. Dann lenkt er die Aufmerksamkeit auf die Blickachsen, die den Park prägen. Insgesamt 17 Brücken gibt es im Park, die alle in einem anderen Stil errichtet wurden, mal aus rohen Holzstämmen, mal in chinesischer Manier. Bereits zu Zeiten des Gartenreich-Gründers Fürst Leopold III. von AnhaltDessau fuhren die ersten Gondeln durch den Park. Seit etwa 120 Jahren ist er für jedermann zugänglich.