Die Ohren: Langgezogen, geliehen, abgebissen
Sydney (dpa/wb) l Mit unseren Ohren ist es, genau betrachtet, so eine Sache. Viele komische Redewendungen drehen sich um die beiden Hörorgane am Kopf. Man kann seinen Kindern etwas sagen, damit diese, falls sie "Bohnen in den Ohren" haben sollten, sich den Merksatz wenigstens "hinter die Ohren schreiben". Wenn man Glück hat, ist man in seine Frau selbst nach vielen Ehejahren "verliebt bis über beide Ohren". Man darf jemandem "ein Ohr leihen" oder, wenn man es besonders gut meint, sogar "Gehör schenken".
So gar nicht in diese Reihe passt aber jener Vorfall, der sich kürzlich in der australischen Stadt Perth ereignet hat. Ein pensionierter Pfarrer hat dort im Streit um einen Parkplatz einem anderen Geistlichen angeblich ein Ohr abgebissen. Der 80-jährige Angeklagte musste sich jetzt vor einem Gericht in Perth verantworten.
Wie die Polizei mitteilte, habe der katholische Priester nach einer Auseinandersetzung vor dem Seniorenwohnheim der beiden seinen 81-jährigen Gegner aufgefordert, etwas vom Boden aufzuheben. Erst zu Hause merkte das Opfer, dass er nun sein rechtes Ohr in der Tasche hatte. "Ich habe nicht bemerkt, dass es weg war", sagte Pater Thomas Smith der Tageszeitung "Sunday Times" über den Streit, der sich bereits im November zugetragen haben soll. Und: "Es hat furchtbar ausgesehen, als ob es die Katze angefressen hatte." In einer zehnstündigen Operation nähten Ärzte das Ohr wieder an.
Wollte der Angreifer seinem Gegenüber nur "die Ohren langziehen" und hat es übertrieben? Vielleicht hat der Mann auch nur die uralte Formel "Auge um Auge, Zahn um Zahn" irgendwie falsch aufgefasst? Oder das Ganze ist ein großes Missverständnis und der Beißer hatte seinen Mitbewohner "zum Fressen gern"?
Der Prozess wurde auf Januar vertagt. Dann werden wir endlich mehr wissen. Hoffentlich.