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Digitalunterricht Zusammenbruch am ersten Tag

Vor den Ferien sollten die oberen Klassen in Sachsen-Anhalt in den Distanzunterricht gehen. Doch schon zum Start ging zeitweise nichts.

Von Alexander Walter 16.12.2020, 19:03

Magdeburg l Mittwochvormittag in der Stendaler Comenius-Sekundarschule. Das Kollegium sitzt zusammen, will den 230 Schülern der Jahrgänge ab Klasse 7 über die Lernplattform Moodle Online-Aufgaben für den bis 10. Januar verordneten Distanzunterricht bereitstellen.

Doch ab neun Uhr geht nichts mehr. Die Server brechen zusammen. Ähnliches Bild am privaten Domgymnasium in Magdeburg: Der Unterricht für 850 Schüler der Klassen 5 bis 12 war hier für die letzten Tage vor den Ferien komplett auf Moodle ausgerichtet, sagt Schulleiter Dietrich Lührs. „Es ist alles zusammengebrochen, wir warten dringend darauf, dass das System funktioniert.“ „Der Landesbildungsserver ist völlig überlastet, schreibt auch ein Lehrer des Fallstein-Gymnasiums Osterwieck. „Wir können den Schülern keine Aufgaben zur Verfügung stellen und die Schüler können diese nicht abrufen.“

In die Meldungen mischt sich Kritik: „Was hat unser Land eigentlich in den letzten neun Monaten getan?“ schreibt der Lehrer aus dem Harz. „Das ist peinlich, ich bin enttäuscht“, sagt auch Jessika Hellge, Leiterin der Comenius-Schule Stendal.

Das Problem sei absehbar gewesen. Tatsächlich waren die Server der Lernplattform Moodle schon einmal, während des Lockdowns im April, unter dem Ansturm von Zugriffen zusammengebrochen. Minister Marco Tullner (CDU) ließ die Technik damals für rund 45 000 Euro instandsetzen und kündigte den Umzug des Bildungsservers auf Infrastruktur der Telekom an.

Der Volksstimme liegt ein Schreiben zum Thema aus dem Landesinstitut für Schulqualität (LISA) von gestern an Administratoren in den Schulen vor. Darin heißt es: „Niemand kann behaupten, wir hätten es nicht vorhergesagt (...): Unsere Technik ist auf dem Stand vom 23. März und einem erneuten Lockdown (...) nicht gewachsen.“ Und: Der angekündigte Umzug der Server sei erst in den Winterferien geplant. Die Autoren legen nahe, dass der Zusammenbruch gestern – wie bereits jener im April – einer Überlastung der Kapazitäten geschuldet war: So seien die Zugriffe von im Schnitt 3,5 Millionen auf 7 Millionen gestiegen.

Das Ministerium bestätigte die Überlastung: „Grund war der Ansturm“, sagte Sprecher Stefan Thurmann. Anders als im LISA-Schreiben behauptet, sei aber in die Technik investiert worden. Experten bemühten sich aktuell, das System zu stabilisieren. Zudem werde ein beschleunigter Umzug auf die Telekom-Server geprüft.

Den Direktor des LISA hat das Ministerium für Donnerstag zum Gespräch einbestellt. Probleme gibt es laut Ministerium auch in anderen Ländern: So in Berlin oder Sachsen – dort nach einem Hackerangriff. Politiker im Land reagierten gestern teils mit Unverständnis: „Seit Monaten ist klar, dass für Distanzunterricht Serverkapazitäten vorgehalten werden müssen“, schrieb Grünen-Politiker Sebastian Striegel. Da helfe auch der Verweis auf andere Länder nicht.