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Kakerbeckerin kämpft darum, dass ihre Tochter in Salzwedel zur Schule gehen darf Eine Mutter verzweifelt an den Behörden

Von Marco Heide 13.07.2013, 03:20

Salzwedel l Annett Schulz will erreichen, dass ihre Tochter Lisa statt in Gardelegen in Salzwedel zur Förderschule geht. Die Mutter hat dem Landesschulamt ihr Ansinnen ausführlich begründet. Auch die Psychologin des Kindes sagt, dass die Kreisstadt der bessere Unterrichtsort für die Elfjährige wäre. Doch die Behörde lehnt ab.

Hören Gisela und ihr Mann Manfred Zgorzali das Wort "Schulamt", steigt ihr Puls. Das Ehepaar und ihre Tochter Annett Schulz ärgern sich seit Februar mit der Landesbehörde herum. Und das hat folgenden Grund: Annett Schulz\' elfjährige Tochter Lisa soll nach den Sommerferien von der Kalbenser Grundschule an eine Förderschule wechseln. Die Viertklässlerin und ihre Mutter leben in Kakerbeck. Dieser Ort gehört zum Einzugsgebiet der Rosa-Luxemburg-Schule in Gardelegen.

"Ich arbeite nur 200 Meter entfernt." - Annett Schulz

Doch Annett Schulz möchte die Elfjährige lieber an der Salzwedeler Pestalozzischule unterrichten lassen. "Ich arbeite nur 200 Meter entfernt. Außerdem sind Lisas Zahnarzt und Kieferorthopäde in Salzwedel", begründet die Mutter ihr Anliegen. Dazu kommt, dass Lisa wöchentlich zur Psychotherapie nach Bismark muss, was die Mutter von Salzwedel aus besser organisieren kann. "Und wenn ich in einem Notfall verhindert bin, sind Lisas Großeltern aus Wustrow schnell zur Stelle", erklärt die alleinerziehende Mutter im Gespräch mit der Volksstimme. Doch diese Argumente scheinen dem Schulamt nicht zu reichen. Denn bisher hagelte es in Bezug auf den gewünschten Schulwechsel Absagen.

Am 25. Februar beantragte Annett Schulz beim Landesschulamt, Außenstelle Gardelegen, dass ihre Tochter in Salzwedel beschult wird. Eine gute Woche später kam ein Schreiben mit der ersten Ablehnung. Die vorgetragenen Gründe würden nicht ausreichen, hieß es in dem Amtsschreiben. Das wollte die Mutter nicht hinnehmen und schickte am 21. März eine Stellungnahme an das Schulamt und erläuterte detailliert, warum Lisa in Salzwedel unterrichtet werden solle.

Nach einem Monat Warten auf eine Antwort, wurde die Kakerbeckerin langsam unruhig. Sie versuchte den zuständigen Sachbearbeiter zu erreichen. "Ich habe mehrmals täglich angerufen. Als das nicht geklappt hat, habe ich eine Mail geschrieben", erklärt Annett Schulz. Die Reaktion des Sachbearbeiters war eine Mail, in der laut Schulz stand, dass sie konkret erläutern müsse, worum es geht und sie den Sachbearbeiter anrufen solle. Und auch dieses Mal bekam die Mutter den Mitarbeiter nicht an den Hörer.

Ende Mai wandte sich die Kakerbeckerin mit einem Hilferuf direkt an das Landesschulamt. Eine Woche später klingelte das Telefon von Annett Schulz. Am anderen Ende der Leitung war der zuständige Sachbearbeiter in Gardelegen. Dieser habe keinen Brief von ihr erhalten, erklärte er bei dem Gespräch und prüfte dann die Unterlagen, die die Kakerbeckerin auch an das Landesschulamt geschickt hatte und die von dort an die Gardeleger Außenstelle weitergeleitet wurden. Und wieder gab es kurz darauf eine Absage.

"Wir hängen noch immer in der Luft." - Annett Schulz

Eine interessante Passage aus der Begründung: "Ihre Aussage bezüglich des Verlustes des sozialen Umfeldes ist insofern nicht als Begründung heranzuziehen, weil sich das soziale Umfeld sowohl in Salzwedel als auch in Gardelegen ändert." Somit zählen für das Schulamt die Mutter mit der Arbeitsstelle in Salzwedel und die Oma in unmittelbarer Nähe nicht zum sozialen Umfeld des Kindes.

Jedenfalls wollte die Kakerbeckerin auch diese Abfuhr, die Ende Mai im Postkasten lag, nicht hinnehmen. Sie kontaktierte das Landesschulamt und sprach mit einer Mitarbeiterin der Schulpsychologischen Beratung. Annett Schulz über das Gespräch: "Die Mitarbeiterin war sehr nett, hörte sich meine Argumente an und empfahl mir den Psychologen des Kindes zu konsultieren und dementsprechende Belege zu bringen." Gesagt, getan. Lisas Psychologin empfahl nach einer Untersuchung, dass die Elfjährige in Salzwedel zur Schule gehen solle. Annett Schulz war nun optimistisch, dass sich alles zum Guten wenden würde. Doch als sie vor einer Woche mit dem Sachbearbeiter in Gardelegen sprach, sagte er, dass das nicht reiche. Nun soll die Mutter alle Arztbesuche des vergangenen halben Jahres belegen. "Das neue Schuljahr rückt näher und wir hängen noch immer in der Luft", beklagt Annett Schulz die Unflexibilität der Behörde.

"Unsere Tochter und unser Enkelkind leiden." - Gisela Zgorzali

"Unsere Tochter und unser Enkelkind leiden unter dem Ärger mit dem Schulamt", erklärt Gisela Zgorzali. "Es liegt doch auf der Hand, dass sich meine Tochter wesentlich besser um Lisa kümmern kann, wenn sie in Salzwedel unterrichtet wird. Aber anscheinend klammert sich das Schulamt an Paragrafen und ist für die Argumente unzugänglich", ärgert sich Manfred Zgorzali.

Doch was sagt das Kultusministerium, dem das Landesschulamt angehört, dazu? Die Behörde verweist darauf, dass besondere Gründe für einen Schulwechsel vorliegen müssen. "Besondere Gründe können pädagogische Motive sein, die in diesem Fall jedoch nicht vorliegen. Ein weiterer Anlass kann die Beaufsichtigung des Kindes betreffen. Dies ist in diesem Fall ebenfalls nicht gegeben", heißt es in der Antwort auf die Anfrage der Volksstimme an das Kultusministerium. Aber: In Salzwedel gehört ein Hort direkt zur Schule. Würde Lisa Schulz die Gardeleger Rosa-Luxemburg-Schule besuchen, gäbe es dort keine Hortbetreuung. Sie müsste nach dem Unterricht zu einer anderen Einrichtung in Gardelegen oder Kakerbeck fahren.

"Angeboten, die Mehrkosten zu übernehmen." - Annett Schulz

Zu den von der Mutter angeführten Arztbesuchen heißt es von Seiten der Landesbehörde: "Der Besuch von Therapien oder Ärzten kann ein solcher Grund (für einen Schulwechsel, Anm. der Redaktion) sein, .... Das Landesschulamt hatte die Mutter des Mädchens mehrfach gebeten, diese Häufigkeit nachzuweisen, was jedoch bislang nicht erfolgt ist." Diese Mehrfache Aufforderung, die Arztbesuche nachzuweisen, habe es laut Annett Schulz nicht gegeben. Erstmals wurde sie vor einer Woche dazu aufgefordert, diese Bescheinigung einzureichen. Sie ging am Montag gleich zum Zahnarzt und Kieferorthopäden des Kindes und schickte am Donnerstag die Belege ab.

Und warum ein Schulwechsel nicht so einfach ist, erklärt das Kultusministerium wie folgt: "Eine Beschulung außerhalb des Schuleinzugsbereiches muss vom Landesschulamt auch gegenüber dem Schulträger gerechtfertigt werden." In diesem Fall der Altmarkkreis. Er ist für die Schülerbeförderung zuständig. Eine Ausnahmegenehmigung, wie in Lisas Fall erforderlich, könnte aufgrund des - wenn auch unwesentlich - längeren Schulwegs höhere Kosten bedeuten. Annett Schulz entgegnet darauf: "Ich habe mehrfach angeboten, die Mehrkosten zu übernehmen."

Eines ist für die Familie Fakt. Sie wird weiter dafür kämpfen, dass Lisa in Salzwedel zur Schule gehen kann - und dafür ziehen Großeltern, Mutter und Tochter an einem Strang.