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Havelberger Mediziner ist bereits mehrfach vorbestraft Elf Zähne raus: Zahnarzt droht jetzt Gefängnis

Von Wolfgang Biermann und Oliver Schlicht 03.05.2013, 01:16

Stendal. Der Fall ist in Sachsen-Anhalt bislang ohne Beispiel: Ein Zahnarzt zieht Patienten ohne deren Einverständnis gesunde Zähne. In dieser Woche wurde ihm die ärztliche Zulassung entzogen.

"Nie und nimmer würde ich mir elf Zähne ziehen lassen", erregte sich gestern die 41-jährige ehemalige Patientin des angeklagten Zahnarztes Thorsten S. aus Havelberg. Die Frau aus Seehausen (Altmark) sagte als Zeugin im Berufungsprozess vor dem Landgericht Stendal gegen den 42-Jährigen aus. Unter Vollnarkose hatte er ihr am 22. April 2010 im Krankenhaus in Seehausen elf Zähne im Ober- und Unterkieferbereich gezogen, um sie durch Implantate im Wert von insgesamt 22000 Euro zu ersetzen.

Wollte sich der Arzt über den Weg der Gebisssanierung bereichern? Er bestritt dies gestern vor dem Stendaler Landgericht. Die Patientin sei vor der Operation eingehend und nachweislich über das mögliche Ziehen von Zähnen belehrt worden. Die Notwendigkeit der Extraktion der elf Zähne habe sich erst ergeben, als er die Kronen freigelegt hatte.

Nach Angaben der Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZV) in Sachsen-Anhalt lässt sich mit dem Ziehen von Zähnen je nach anschließendem Ersatz mehr Geld verdienen als mit einer Reparatur. Die jetzt in Stendal verhandelten Vorwürfe seien nicht die ersten gegen den Havelberger Arzt.

Anfang der Woche habe das Verwaltungsgericht Magdeburg ihm seine Approbation - die Erlaubnis, als Arzt zu arbeiten - entzogen. Dabei ging es um einen Fall, wobei einem 18-jährigen Patienten unter Vollnarkose gleich 20 Zähne gezogen worden waren. Schon 2007 war er deshalb vom Amtsgericht Stendal rechtskräftig zu einer Bewährungsstrafe von acht Monaten verurteilt worden.

Thorsten S. ist aber auch in anderer Hinsicht mit dem Gesetz in Konflikt gekommen. So wurde er 2006 wegen Drogenbesitzes in sieben Fällen zu einer Geldstrafe von 2400 Euro verurteilt und 2004 wegen Betruges zu 3000 Euro. Im aktuellen Berufungsverfahren drohen ihm wegen Körperverletzung 15 Monate Gefängnis ohne Bewährung.