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In Stendal hat vor kurzem eine von fünf Praxen geschlossen / Weitere Schließung steht 2014 bevor Eltern finden keinen neuen Kinderarzt

Von Bernd-Volker Brahms 20.07.2013, 03:12

Stendal l Die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen-Anhalt sieht eine Überversorgung im Landkreis. Für Stendal wird aber bundesweit ein neuer Arzt gesucht.

Wer derzeit in Stendal mit seinem Kind zum Arzt muss, hat schlechte Aussichten. Derzeit gibt es mit Dr.Ingo Heber lediglich einen Kinderarzt, der seine Praxistüren offen hat. Die Ärztin Ulrike Walther, die 33 Jahre lang praktiziert hat, ist vor kurzem in Rente gegangen (die Volksstimme berichtete). Die drei weiteren Kinderärztinnen in der Hansestadt haben derzeit Betriebsurlaub.

Und es kommt noch dicker: Es droht nicht nur für die Ferienzeit ein Engpass bei der medizinischen Versorgung der Kinder sondern dauerhaft. Nachdem bereits eine von fünf Praxen geschlossen wurde, wird Anfang des kommenden Jahres auch noch eine weitere Kinderärztin in Rente gehen. Dass es in absehbarer Zeit wieder fünf Kinderärzte geben wird, "ist eher unwahrscheinlich", sagt Mathias Tronnier, geschäftsführender Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Sachsen-Anhalt in Madeburg. Rein statistisch habe der Landkreis Stendal mit weiteren Praxen in Seehausen und Tangerhütte derzeit noch einen Versorgungsgrad von 139 Prozent.

KV hat Praxisstelle für Region ausgeschrieben

Da in Stendal eine weitere Praxis schließen werde, habe die KV eine sogenannte Sicherstellungspraxis im Ärzteblatt ausgeschrieben, sagte Tronnier am Freitag auf Anfrage der Volksstimme. Einem potentiellen neuen Kinderarzt wird mit dieser Form der Praxis eine Umsatzgarantie gegeben. "Das machen wir nicht oft." Allerdings sei damit nicht automatisch gesichert, dass sich auf jeden Fall ein Kandidat meldet. Tronnier: "Uns fällt es zunehmend schwer, Stellen neu zu besetzen."

"Ich brauchte diese Woche eine Überweisung für meine Tochter für eine vorstationäre Untersuchung in Halle und habe diese nur mit Mühe bekommen", sagte die 28-jährige Susan Kuhnert, deren Tochter nierenkrank ist und eine regelmäßige ärztliche Betreuung braucht. Bislang war die Stendalerin bei Ärztin Dr. Walther bestens aufgehoben, wie sie sagt. Einen neuen Kinderarzt hat sie bisher nicht gefunden. "Ich wurde überall abgewiesen", sagt Kuhnert.

Genauso geht es einer anderen jungen Mutter, die vor kurzem nach Stendal gezogen ist und für deren zweijährige Tochter die gesetzlich verpflichtende U7-Untersuchung ansteht. "Ich habe in Stendal keinen Termin von einem Kinderarzt bekommen", sagt die Frau. "Jetzt bleibt mir nur die Möglichkeit, mit meinem Kind zum Allgemeinmediziner zu gehen."

Viele Eltern gegen in ihrer Not zur Kinderklinik

Dass derzeit viele Eltern ratlos sind und bei keinem Kinderarzt aufgenommen werden, hat auch Dr. Hans-Peter Sperling, Chefarzt der Stendaler Kinderklinik, festgestellt. "Wir haben hier einen erhöhten Durchlauf", sagt Sperling. Er dürfe sich allerdings nur um die Notfälle kümmern. "Es kommen aber auch jede Menge weniger dringende Fälle zu uns", sagt der Chefarzt. Diese müsse er wieder wegschicken und auf die Fachärzte verweisen.

Fachärzte können Patienten ablehnen, sofern es sich nicht um Notfälle handelt, sagt Tronnier von der KV. Eine Ablehnung sei gerechtfertigt, wenn das Vertrauensverhältnis gestört sei oder der Arzt überlastet ist und bei weiteren Patienten seinem Versorgungsauftrag nicht gerecht werden könne.