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Energetisches Heilen Stendaler mit besonderem Gespür für Rücken

Um Rückenschmerzen zu behandeln, ließ Steffen Kurbjuweit seine Wirbelsäule geistig aufrichten und gibt diese alternative Behandlung weiter.

Von Sibylle Sperling 28.09.2019, 23:01

Stendal l Zweimal pro Woche ist Steffen Kurbjuweit bereits am frühen Nachmittag zu Hause. Nicht für seine Familie, nicht für die Natur, die ihm wichtig ist, sondern für seine Klienten. Hobby nennt der 44-Jährige das, wenn er Hände auflegt und mental Wirbelsäulen aufrichtet.

Steffen Kurbjuweit steht im Wohnzimmer hinter einem 50-jährigen Probanden (Name der Redaktion bekannt). Neben einem Rundrücken hat die Testperson seit Jahren mit Hexenschüssen, Besuche beim Orthopäden und Einrenkungsmanövern zu tun. Steffen Kurbjuweit lächelt, all das kommt ihm bekannt vor. Er hantiert mit zwei Linealen und richtet sie an den Schulterblättern aus. „Deine Schulterhöhe ist unterschiedlich, siehst du?“ Sein Klient blickt in den Spiegel und nickt. „Die Linke ist eindeutig höher als die Rechte.“ „Genau. Wahrscheinlich hast du auch einen Beckenschiefstand.“

Nun fährt Kurbjuweit mit seinem Finger die Wirbelsäule entlang, knapp unter den Schulterblättern verharrt er. „Hier ist ein Bogen, merkst du? Eine Skoliose.“ Sein Wissen hat der Stendaler nicht nur aus Büchern, er hat Erfahrungen machen dürfen. Verknackster Lendenwirbel mit 20, danach Blockaden, Schonhaltung und Schmerzen beim Eisbaden, bei Stress und enormer Arbeit. Orthopäden geben ihm Spritzen, Chiropraktiker renken ihn ein und im Rückenzentrum werden seine Muskeln trainiert. Spaß hat der Unternehmer bei all dem nicht, er sei nie ein „Drinnen-Fitness-Typ“ gewesen, resümiert er.

Die 50-jährige Testperson sitzt aufrecht auf einer Liege, hat die Beine nach vorn gestreckt. „Drück mal deine Knie durch und zieh die Zehen zur Nase. Nun locker lassen. Ich nehm jetzt deine Beine.“ Kurbjuweit zieht sie zu sich, legt sie ab und zeichnet Striche an die Knöchel. „Das linke Bein ist länger.“ Ein Zentimeter Unterschied. Dann macht er Fotos und fordert den Klienten auf, sich flach auf den Rücken zu legen. Nun folgt die gleiche Prozedur im Liegen, auch hier sieht er unterschiedliche Beinlängen. Danach stellt sich Kurbjuweit ans Fußende. „Du kannst ja mal darauf achten, ob du was spürst. Der eine spürt was, der andere nicht. Aber das ist auch nicht entscheidend.“ Er atmet ein und aus und spricht nach einem Moment der Stille eine Art Mantra: Die universelle Lebensenergie solle über den Kopf, durch den Körper bis in die Wirbelsäule fließen. „Jede Zelle deines Körpers wird jetzt neu ausgerichtet.“

Das Sprechen sei sein Ritual, wird Kurbjuweit später erklären und dass er gemerkt habe, wie Energie in den Brust- und Herzbereich geflossen sei. Der betreffende Klient hat nichts verspürt. Eine 44-jährige Stendalerin wird nach der Behandlung berichten, sie habe mit geschlossenen Augen im Moment des Mantras eine Aufrichtung an der Wirbelsäule gemerkt, eine Andere hat gefühlt, wie Energie von den Füßen in die Beine geflossen ist.

Zwei Jahre ist es nun her, dass der gelernte Zahntechniker wegen Rückenbeschwerden bei einem Arzt war. Damals hat er die geistige Wirbelsäulenaufrichtung ausprobiert und sich hinterher nicht nur stabiler gefühlt. „Das war wie ein Reset.“ Ein Neuanfang, setzt seine Ehefrau Tabea hinzu. Kurbjuweit schwärmt nicht, so ist er nicht, er hat wahrgenommen und nickt nun zustimmend. Und erzählt, dass er den eigenen Heilungserfolg habe weitergeben wollen. „Das soll unter die Menschen“, hab ich mir gesagt. Der Altmärker, der ein erfolgreiches Zahntechniklabor führt, wird sich in den folgenden zwei Jahren zum Geistigen Heiler ausbilden lassen und seinen Betrieb weiterführen.

Woher kommt Kurbjuweits Kraft? Er wird erzählen, dass eine Krise, Reiki und die Berufung ihn auf den Weg gebracht und begleitet haben. 2007 hat der Zahntechniker einen Kredit am Laufen. Sein Stendaler Firmengebäude steht im Rohbau, als sich zwei seiner Kollegen selbstständig machen. Ohne sein Wissen. Der Vertrauensbruch stürzt den von Harmonie gelenkten Chef in Existenzängste. Schlafstörungen plagen ihn. Als eine Freundin ihm Reiki nahelegt, ist das nur ein Grashalm. Überzeugt ist er nicht. Dennoch überlässt sich der damals 32-Jährige einer Ganzkörperbehandlung. „Beim Reiki wird Energie durchs Hände-Auflegen übertragen. Die mit Wärme aufgeladenen Hände verweilen dort, wo Blockaden sind. Dadurch können sich die Muskeln und der Geist entspannen.“

Seit 2012 eine Studie herausgefunden hat, dass energetisches Heilen mit der Schulmedizin zu vereinbaren ist, arbeiten an der Berliner Charité Reikimeister, die Zusammenarbeit ist fester Bestandteil im Programm der Patientenbetreuung. „Die hatten damals nämlich viele Erfolge.“ Genauso wie Kurbjuweits erster Reiki-Kontakt. Tief und fest ist sein Schlaf nach der Behandlung, das erste Mal nach sechs Monaten. Von seiner Psychologin kann er sich mit den Worten: „Ich war beim Reiki, ich brauch nicht mehr kommen“ verabschieden.

Der Rohbau seines Betriebes ist fertig, aber Kurbjuweit hatte noch immer negative Gedanken auf die Ex-Kollegen. „Das war hinderlich, weil ich mich nicht auf die Sache konzentrieren konnte.“ Er fängt an, zu hinterfragen, zu lesen und begibt sich auf alternative Wege zur Schulmedizin. Die Ausbildung zum Reikimeister folgt und er besucht das Arthur-Findley-College in England, ein Zentrum für Spiritualität und Parawissenschaften. Dort lässt er sich als Medium schulen.

Auf Seminaren begegnen ihm Menschen aus Süddeutschland, auch einige Berliner, aber niemand aus Sachsen-Anhalt. Kurbjuweit freut sich, dass es mittlerweile eine Gruppe im Harz gibt. Und die Altmark zieht nach. „Mit der Begradigung stoße ich auf offene Ohren. Bisher habe ich das nur für Freunde und Bekannte gemacht, aber es spricht sich rum.“ Die Anfragen häufen sich. Anfang September hat der Unternehmer Geistiges Heilen im Nebengewerbe angemeldet. Kurbjuweit wird nach der Aufrichtung wieder die Beinlängen vergleichen und ein Beweisfoto machen. Der Mediziner schaut erneut in den Spiegel. „Siehst du die Verbesserung in deinen Schultern? Links war es deutlich höher. Der Arm ist auch näher dran, vorhin war auf der Seite mehr Luft. Die Schulterblätter sind noch nicht ganz auf einer Ebene, aber Körper und Muskeln arbeiten nach.“

Kurbjuweit streicht mit den Daumen über die Wirbelkörper. „Gerade, gerade, gerade, … hier kommt sie noch etwas raus, aber der extreme Bogen ist nicht mehr da. Wie fühlst du dich vom Geist?“ „Genauso wie vorher“, gibt der Klient ehrlich zu. „Fühlst du dich aufrechter? Befreiter? „Ja, etwas. Immerhin sehe ich den Unterschied an den Schultern.“

Steffen Kurbjuweit möchte seine Klienten mental erreichen, er legt die Grundlagen, sagt er. „Es ist keine Wirbelsäulen- sondern eine geistige Begradigung. Meine Klienten gehen nach dem Ausgleich aufrechter durchs Leben.“ Manchmal dauert es seine Zeit, bis Körper und Muskeln der mentalen Basis folgen. Eine Heilungsgarantie könne er nicht geben, dennoch sei jeder Ausgleich für ihn ein Phänomen. „Ich bin immer gespannt, ob es funktioniert hat. Sind die Füße gleich lang? Ja, hat geklappt, dann freu ich mich.“

Dennoch rät er, achtsam mit sich zu sein, denn mit der mentalen Begradigung allein sei es nicht getan. „Nach Autofahrten bin ich immer noch verspannt. Die Abnutzung der Wirbel ist einfach da“, weiß Kurbjuweit. Rückenübungen können helfen, wenn die Muskeln zu schwach sind. Und Reiki! Sein 50-jähriger Klient wird nach einer 40-minütigen Reikibehandlung mit deutlich gerötetem Gesicht aufstehen und sich wie neugeboren fühlen. Er wird strahlen und am nächsten Morgen nach dem Erwachen zu seiner Frau sagen, dass er komischerweise fast keine Rückenschmerzen habe. Drei Monate später wird er Kurbjuweit auf der Straße treffen und ihm etwas überrascht und ungläubig berichten, dass er kaum noch Probleme am Rücken habe.

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