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Energie Überflüssiger Windstrom wird zu Heizgas

Wetterabhängigen Windstrom in großen Mengen und zu wirtschaftlich vernünftigen Bedingungen: Magdeburger Forscher suchen nach Lösungen.

Von Jens Schmidt 01.04.2019, 01:01

Magdeburg l Eine fast drei Meter lange Röhre, in Alu verpackt, Kabel, Schalter, Kästen, Gasleitungen und Lämpchen: Die silbern schimmernde Apparatur ist ein Power-To-Gas-Reaktor. Er wird gerade im Max-Planck-Institut (MPI) in Magdeburg aufgebaut. Die Anlage soll bald Strom in Methan wandeln.

Mit dem Gas können Wohnungen beheizt oder Fahrzeuge betankt werden. Oder Methan strömt zu Kraftwerken, die daraus wieder Strom generieren.

Aus Strom Gas zu machen, ist nicht neu. Sogenannte Power-To-Gas-Anlagen gibt es bereits einige in Deutschland. „Doch sie laufen noch nicht optimal“, sagt Professor Kai Sundmacher, Leiter des Projekts am MPI. Denn: Der wetterlaunische Wind- und Sonnenstrom fließt nicht kontinuierlich. Will man ihn in Gas wandeln, muss man einen Reaktor in kürzester Zeit hoch- und herunterfahren können. Dabei entsteht viel Hitze. Etwa 350 Grad. Die kann die Lebensdauer der Anlage erheblich verkürzen. Der Clou wäre es, wenn es gelänge, solche Reaktoren schnell und zugleich ausdauernd fahren zu können. Genau daran forschen die Magdeburger Ingenieure.

Damit Methan entsteht, ist ein Nickel-Katalysator nötig. Er ist sozusagen das Herzstück. Und genau das muss vor heftigen Temperaturschwankungen geschützt werden. „Wir müssen das Wärme-Management so gestalten, dass der Katalysator eine möglichst lange Lebensdauer hat und wir zudem die Abwärme effizient nutzen können“, sagt Sundmacher. Etwa als Fernwärme für Wohnungen oder Betriebe.

Haben die Forscher die Abläufe besser im Griff, soll ab 2022 ein großer Reaktor gebaut werden. Geplant ist ein Projekt im Verbund mit einer Biogasanlage in Gardelegen.

Biogaskraftwerke liefern alle Zutaten, die der Methanreaktor braucht. Strom, Wasser, Kohlendioxid. Mit Hilfe des Stroms wird aus Wasser im Elektrolyseverfahren Wasserstoff hergestellt. Der wiederum wird mit Kohlendioxid vermählt, das in Biogasanlagen reichlich anfällt. Heraus kommt Methan. Das kann ins Gasnetz eingespeist oder in Tanks gespeichert werden.

Und wozu das Ganze?

Es gibt zwei Gründe. Deutschland braucht mehr Energiespeicher. Und es benötigt mehr Gaskraftwerke.

Bis 2038 will die Bundesrepublik aus Kohlestrom aussteigen. Gas kann die Schwankungen des Wind- und Sonnenstroms schnell ausgleichen. Nun ist Erdgas zwar sauberer als Kohle; jedoch werden auch dabei zusätzliche Mengen an Kohlendioxid in die Luft geblasen. Wird aber aus Ökostrom sogenanntes Grün-Gas produziert, ist die CO2-Bilanz ausgeglichen: Es wird nur so viel ausgestoßen, wie zuvor aus der Biogasanlage entnommen wurde.

Das Problem: „Grün-Gas ist noch steinunwirtschaftlich“, sagt Johannes Kempmann, Geschäftsführer der Städtischen Werke Magdeburg. Selbst wenn die Anlagen mal rundlaufen, wäre es wegen der Umwandlungsverluste mindestens 40 Prozent teurer als Erdgas. Aber eines sei auch klar: „Wir brauchen Speicher, wir brauchen Gas und wir müssen vom Erdgas allmählich wegkommen.“ Nun kann der Wettbewerb Kosten senken. „Aber zum Nulltarif gibt es die Energiewende nicht“, prophezeit Kepmann. Zahlen müssen es die Kunden – über den Strompreis.