Europas erstes Drohnen-Testzentrum in Cochstedt eröffnet
Auf einem Relikt des Kalten Krieges sollen nun Wissenschaftler aus aller Welt am Luftverkehr der Zukunft forschen. Die ersten Drohnen schwirren bereits durch die Luft. Bald schon sollen sie dafür keine Menschen mehr brauchen.

Cochstedt (dpa/sa) - Sie sollen Hilfspakete abwerfen, Transplantate transportieren und Brände entdecken: Drohnen gelten Staat und Wirtschaft als große Zukunftstechnologie. Auf dem ehemaligen Flughafen in Cochstedt (Salzlandkreis) können Forscherinnen und Forscher nun unter realen Bedingungen ausprobieren, wie und ob die unbemannten Flugsysteme in unseren Alltag passen. Am Mittwoch wurde das vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) betriebene Reallabor offiziell eröffnet.
Es sei das erste Labor seiner Art in Europa, sagte die DLR-Vorstandsvorsitzende Anke Kaysser-Pyzalla bei der digitalen Eröffnungsveranstaltung. Start-Ups, Universitäten und die Luftfahrtindustrie sollen dort ihre Drohnen-Projekte auf bis zu 37 Quadratkilometern erproben können. Das Zentrum hatte bereits im vorigen Jahr schrittweise den Betrieb aufgenommen, eingespielte Videos zeigten auf der Online-Eröffnungsfeier die ersten Flugversuche. Die Anfangsphase sei "sehr positiv" gelaufen, berichtete der Leiter des Zentrums, Daniel Sülberg.
Überwacht werden die Versuche im "Mission-Kontrollzentrum" im Hauptgebäude des Flughafens. Im Tower stehen Büroräume bereit, in der früheren Abfertigungshalle soll eine Werkstatt entstehen. Außerdem will das DLR eine Modellstadt bauen, in der der Einsatz der Fluggeräte in einem städtischen Umfeld getestet werden kann, wie Andreas König sagte, der beim DLR für die wissenschaftliche Infrastruktur des Standortes zuständig ist.
Doch auch bemannte Flugzeuge sollen bald wieder in Cochstedt landen - wenn auch in begrenztem Ausmaß. Das soll nicht nur die Anreise der Forscherinnen und Forscher erleichtern, sondern eröffnet ihnen auch gleich ein weiteres Feld, das sich nur selten unter Realbedingungen untersuchen lässt: Der Parallelbetrieb von tief und eher langsam fliegenden Drohnen und schnell und hochfliegenden Düsenjets.
Ein zentrales Problem für einen flächendeckenden Einsatz der Drohnen ist die Kommunikation: Anders als die heutigen Hobbydrohnen mit Webcam sollen die Drohnen der Zukunft auch untereinander kommunizieren und nicht von Menschen sondern Künstlicher Intelligenz gesteuert werden. Auch die Akzeptanz der Drohnen in der Bevölkerung will das DLR in Cochstedt erforschen.
Der ursprünglich von den sowjetischen Streitkräften gebaute Flughafen war nach der Wende als Verkehrsflughafen zwei Mal pleite gegangen und stand kurz vor dem Abriss. Nun stehe das frühere Sorgenkind für Zukunftstechnologie "Made in Saxony-Anhalt", freute sich Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) bei der Eröffnung. "Nach vielen Jahren des Dornröschenschlafs ist Cochstedt jetzt wachgeküsst", sagte Wirtschaftsminister Armin Willingmann (SPD).
15 Millionen Euro will Willingmann in den kommenden Jahren in das Leuchtturm-Projekt investieren - und erwartet viele hochqualifizierte Arbeitsplätze in der Region. Das Zentrum biete ideale Voraussetzungen für die Ansiedlung von weiteren Unternehmen und auch Ausgründungen der Universitäten Sachsen-Anhalts, sagte der Minister.
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