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Folterprozess16-Jähriger Haupttäter schwer belastet

Im Prozess am Magdeburger Landgericht um eine zu Tode gequälte Frau in Bernburg haben drei Angeklagte den vierten schwer belastet.

Von Matthias Fricke 18.12.2018, 12:59

Magdeburg l Die 34-jährige Michaela W. bricht in Tränen aus. Sie berichtet von schlimmen Szenen, die sie gesehen habe, aber nicht eingriff. Mit ihren Worten belastet sie vor allem ihren inzwischen 16 Jahre alten Sohn schwer. Er sei die treibende Kraft bei den Misshandlungen gewesen, die das 39-jährige Opfer Bianca F. über sich ergehen lassen musste und nicht überlebte. „Sie hat nicht mal geschrien, als Pascal ihr das Messer langsam ins Bein rammte“, sagt sie. Dann fügt sie hinzu: „Frau F. hat sich sogar dafür entschuldigt, dass ihr Blut an der Wand war.“

Michaela W. und auch die anderen beiden geständigen Angeklagten sind sich einig: Es wurde sehr viel getrunken an jenem 10. Juni 2018. Am Vortag hatte der Angeklagte Felix M. seinen 20. Geburtstag mit seinem ebenfalls angeklagten Freund Kevin G. nachgefeiert. Dazu war auch Michaela W. eingeladen, die ihren Sohn mitbrachte. Sie erklärt: „Ich hatte Pascal mit dem 3. Lebensjahr an das Jugendamt abgeben müssen. Seit dem lebte er im Heim.“ Erst im Dezember 2017 kam er zurück und wollte bei ihr und dem Freund der Mutter leben. Dieser ist der leibliche Vater von Felix M. und Mieter der Tatwohnung. Er befand sich an jenem Abend auch dort, war allerdings im Schlafzimmer und an der Tat offenbar nicht beteiligt. Daher hat ihn die Staatsanwaltschaft auch nicht angeklagt.

Der Mutter sei aufgefallen, dass schon einige Tage vor der Tat Pascal sich sehr aggressiv gegenüber dem späteren Opfer verhielt. Er habe ihre Freundin einmal auf einem Supermarkt-Parkplatz geschlagen, weil sie angeblich Geld gestohlen haben soll. Michaela W.: „Sie borgte sich die Sachen nur. Ihre Betreuerin gab das Geld immer zurück.“

An jenem Abend suchten alle vier Angeklagten zunächst den 63-jährigen Gerhard J. in seiner Wohnung in der Bahnhofstraße auf. Dort war auch das spätere Opfer Bianca F.. Alle tranken. Es gab Streit, weil einer der „Jungs“ Gläser in die Tasche steckte und der andere diese zerschlug. Mit einem Fernseher sollen erst die Frauen die Wohnung gewechselt haben. Warum sie ihn mitnahmen, darauf konnte keiner bisher eine schlüssige Antwort geben. Die anderen Angeklagten folgten. Zurück bei Gerhard J. blieb Pascal W.. Der 16-jährige soll ihn verprügelt, mit einem Gegenstand niedergeschlagen und gewürgt haben. Für diese Tat ist Pascal W. zusätzlich wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung angeklagt.

Er soll dann als letztes mit blutigen Händen in die Wohnung der späteren Gewaltorgie gekommen sein. „Nach anfänglichem Trinkgelage habe Pascal auf Bianca F. wegen eines angeblichen Diebstahls eingeschlagen. Er soll sich „in die Attacken hineingesteigert“ haben, sagt der 21-jährige Kevin G.. Sein Freund Felix M. bezeichnete Pascal sogar als Psychopathen. Beide wollen sich nur mit Schlägen beteiligt haben. Es habe aber keine Tötungsbsicht gegeben.

Die Mutter wiederum will Kevin G. dabei gesehen haben, wie er mit dem Fleischklopfer die Finger des Opfers brach, während ihr Sohn Pascal die Frau festhielt. Kevin G. bestreitet das. Das Waterboarding (fast Ertränken) in der Wanne und der Schlag auf den Kopf des Opfers mit der Whiskyflasche ist von einem der Angeklagten sogar mit dem Handy als Video aufgezeichnet worden. Die Aufnahme könnte an den weiteren Prozesstagen noch eine Rolle spielen. Nach den stundenlangen Qualen habe dann Michaela W. den Notarzt gerufen, während die anderen nach Hause gingen. Das Opfer verstarb einen Tag später an einem Hirnödem. Gerhard J. fand die Polizei nach ihrem Hinweis schwer verletzt in seiner Wohnung.

Der Prozess wird am 3. Januar fortgesetzt.