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Polizei geht von psychischer Erkrankung aus Frau terrorisiert Nachbarn in Dessauer Wohnhaus - Behörden sind machtlos

Von Oliver Müller-Lorey 09.11.2021, 13:00
Die Polizei spricht von einer psychischen Erkrankung bei der Frau.
Die Polizei spricht von einer psychischen Erkrankung bei der Frau. Symbolfoto: dpa

Dessau/MZ - Ein schlechtes Bauchgefühl habe er bei der Vertragsunterzeichnung schon gehabt. Das Auftreten der neuen Mieterin, die verschwitzt und völlig durcheinander zum Termin kam, aber auf den Stress und die hohen Temperaturen an diesem Tag geschoben. Hätte er damals doch nur auf sein Gefühl gehört, denkt Olaf Bär heute, einige Monate später.

Doch der Geschäftsführer einer Dessauer Hausverwaltungsgesellschaft unterschrieb im Sommer den Mietvertrag mit einer jungen Frau, die sich später als schizophren herausgestellt haben soll. Seitdem terrorisiere sie die Nachbarschaft und sorge regelmäßig für Polizeieinsätze. Trotzdem sind die Behörden machtlos.

Schreie und Drohungen gegen Nachbarn

„Es ging schon am Abend des Einzug-Tages los, dass sie herumschrie und gegen die Möbel hämmerte“, erzählt Bär, der die Presse nun auf die Situation aufmerksam macht, weil er sich nicht mehr anders zu helfen wisse. Ein Polizeieinsatz konnte die Situation an diesem Abend beruhigen, doch lange hielt der Frieden nicht. „Die Mieterin hat Leute bedroht, sie schreit nach dem Aufwachen herum und verteilt Exkremente im Hausflur“, schildert Bär. Oft rufe und schreie sie mit einer Männerstimme, offenbar ausgelöst durch ihre Schizophrenie. Bär zeigt eine Unterschriftenliste, auf der Nachbarn für einen Auszug der neuen Mieterin unterschrieben haben. Er macht sich zunehmend Sorgen um die Sicherheit im Haus. „Sie hat gegenüber anderen geschildert, dass sie ,die Bude abbrennt’, wenn man sie nicht in Ruhe lasse.“

Zudem entstehe dem Vermieter auch ein finanzieller Schaden. Mehrere Nachbarn hätten bereits die Miete gekürzt und weigerten sich, in ihren Wohnungen zu bleiben. Kürzlich habe ein falsch angeschlossener Waschmaschinenschlauch in der Wohnung der Frau einen Wasserschaden verursacht. „Sie hat Reparaturfirmen keinen Zutritt gewährt. Wir fürchten, dass das Haus ernsthaften Schaden nimmt.“

Polizei ist häufig vor Ort, doch eine Einweisung ist nicht einfach

Dabei habe bei der Bewerbung der Frau noch nichts auf eine problematische Mieterin hingewiesen. „Sie schrieb, dass sie Lehrerin ist und belegte das auch mit einem offiziellen Schreiben des Landesschulamtes“, sagt Bär. Dass Sie in die Wohnung ziehen wollte, ohne sie vorher gesehen zu haben, habe ihn zunächst nicht stutzig gemacht. Erst beim Treffen für die Unterzeichnung des Mietvertrags hegte er erste Zweifel.

Nach MZ-Informationen soll die Frau nicht sofort als psychisch kranke Person auffallen. Auch in ihrem Berufsumfeld soll zunächst niemandem bemerkt haben, dass sie schizophren ist. „Sie hat es offenbar gut geschafft, ihre Erkrankung zu verstecken“, sagt eine mit dem aktuellen Fall vertraute Person der MZ.

Bei der Polizei ist die Frau keine Unbekannte. „Bislang gab es zwölf Einsätze wegen Ruhestörungen. Es handelt sich um eine psychisch kranke Person“, sagt Dessaus Polizeichef Marcus Benedix. Nähere Details nennt er nicht.

Auch die Stadt hält sich bedeckt. Zum konkreten Fall wolle man aus Datenschutzgründen nichts sagen. Ganz allgemein gebe es für den Sozialpsychiatrischen Dienst allerdings sehr hohe Hürden, psychisch kranke Personen dauerhaft einzuweisen. Zunächst einmal sei das Mitwirken freiwillig. Betroffene müssten also an einer Zusammenarbeit mit dem Sozialpsychiatrischen Dienst auch interessiert sein.

Anders sehe es aus, wenn eine Selbst- oder Fremdgefährdung vorliege, etwa weil der Patient sich selbst oder andere verletze. „Dann werden zusätzliche Institutionen über die Rettungsleitstelle hinzugezogen, um gegebenenfalls durch den Notarzt und die Feuerwehr eine Einweisung vorzunehmen“, heißt es von der Stadt. In der geschlossenen Abteilung könne ein Patient ohne richterlichen Beschluss aber nur einen Tag untergebracht werden.