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Fußballverband Schiedsrichter-Flaute spitzt sich zu

Dem Landesfußballverband in Sachsen-Anhalt fehlen rund 500 Schiedsrichter. Die Hochschule Harz sucht nach Lösungen.

Von Bernd Kaufholz 01.02.2018, 00:01

Magdeburg l 1400 Schiedsrichter pfeifen an jedem Wochenende die Fußballspiele zwischen Verbands- und Kreisliga. Allein im Landesbereich der Herren sind am Sonnabend und Sonntag 210 Spiele angesetzt, hinzu kommen die unterklassigen Vergleiche, die Frauenligen sowie die Kinder- und Jugendmannschaften.

„Die Vereine suchen händeringend Schiedsrichter“, sagt Markus Scheibel, der für die „Schwarzen“ im Fußballverband Sachsen-Anhalts zuständig ist. Der Altersdurchschnitt werde immer höher und der Neuzugang von Schiedsrichtern halte mit dem Ausscheiden schon lange nicht mehr Schritt. „2000 Schiedsrichter wären gut. Aber wenigstens 1800, wie wir sie noch vor vier, fünf Jahren hatten, würden die Lage ein wenig entspannen“, sagt der 53-Jährige, der zwischen 1986 und 2008 selbst Spiele geleitet hat.

Die Situation sei mehr als angespannt. „Manche Schiedsrichter pfeifen inzwischen drei Spiele am Wochenende, zwei sind das Normale. Das geht an die Substanz. In Halle mussten vor einigen Wochen bereits höherklassige Spiele ausfallen.“ In den unteren Klassen sei das zwar noch nicht die Regel, aber die Schmerzgrenze sei überschritten, meint Scheibel.

„Laut Satzung sind die Vereine dafür verantwortlich, Schiedsrichter zu stellen“, sagt der Obmann. „In der Verbandsliga, unserer höchsten Spielklasse, muss jede Mannschaft drei Schiedsrichter stellen, in den unteren Klassen je einen. Hinzu kommen die Schiedsrichter für die A- und B-Jugend“, so der ehemalige Profischiedsrichter.

Die Gründe für den Mangel seien vielfältig. So fehle es an Nachwuchs, der demografische Wandel, auch durch Wegzug der Menschen, spiele eine Rolle und die hohen Anforderungen an Berufstätige. „Da gibt es kaum jemanden, der in mehreren Schichten arbeitet und sich das Wochenende noch ans Bein binden will.“

Einen Hoffnungsschimmer sieht FSA-Geschäftsführer Christian Reinhardt in einer Studie der Hochschule Harz, den angehende Verwaltungsökonomen des Standorts Halberstadt erarbeitet und gestern Abend beim Neujahrsempfang des Verbandes vorgestellt haben.

„Daraus geht zum Beispiel hervor, dass sie sich nicht – wie vermutet – eine höhere Entlohnung für ihre Einsätze auf dem grünen Rasen wünschen, sondern vor allem mehr Anerkennung“, sagt Reinhardt.

Die Projektarbeit sei keine theoretische Abhandlung, sondern ein „enormer Erkenntnisgewinn von hohem praktischen Nutzen“, so der FSA-Geschäftsführer.

Für die Studie „Bindung, Gewinnung und Rückgewinnung von Schiedsrichtern“ haben die Studenten Nico Nolte, Maximilian Scheibel und Sebastian Schmidt unter Leitung von Professor Sabine Elfring 1500 Schiedsrichter befragt und ein Konzept mit konkreten Maßnahmen erstellt.

„Einer der wichtigsten Punkte ist die Einbindung in die Fußballfamilie“, sagt Nolte. In speziellen Coachings und Lizenzierungsprogrammen für Trainer und Schiedsrichter sehen er und seine Mitstudenten eine Maßnahme, um dem Schiedsrichtermangel zu begegnen.

Ein weiterer Vorschlag ist, Jugendklasse-Fußballern ab einem Alter von 14 Jahren mit speziellen Programmen, die auf sie zugeschnitten sind, die Spielleitung schmackhaft zu machen und sie an das Schiedsrichteramt zu binden.

Schiedsrichter-Obmann Scheibel ergänzt: „Den jungen Kickern sollte in Fleisch und Blut übergehen, dass Schiedsrichter genauso Bestandteil des Fußballs sind wie die Spieler.“ Und denen – so sei es ihm selbst ergangen –, die nicht die ganz großen „Peles“ seien, könnte man mit dem Schiedsrichterwesen eine andere sportliche Perspektive auf dem grünen Rasen aufzeigen.

Die Studie schlägt weiterhin eine Werbekampagne in sozialen Netzwerken vor.