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G20-Krawalle Razzien auch in Sachsen-Anhalt

Nach den G20-Krawallen krempelt die Sonderkommission "Schwarzer Block" die linke Szene um. So auch in Burg bei Magdeburg.

Von Benjamin Haller, Sonja Wurtscheid und Markus Klemm 05.12.2017, 07:34

Hamburg/Berlin (dpa) l Fünf Monate nach den schweren Ausschreitungen während des G20-Gipfels in Hamburg hat die Polizei bundesweit mehrere Objekte der linken Szene durchsucht. Die Razzien der Hamburger Sonderkommission "Schwarzer Block" begannen am frühen Dienstagmorgen. Ziel war es, Beweise zu sichern. Durchsucht wurde eine zweistellige Anzahl von Wohnungen in acht Bundesländern: in Hamburg, Berlin, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt. So wurden in Burg bei Magdeburg zwei Objekte durchsucht. Festgenommen wurde niemand.

Einzelheiten zu den Razzien wollten Hamburgs Polizeipräsident Ralf Martin Meyer und Soko-Chef Jan Hieber am Mittag auf einer Pressekonferenz erläutern. Ein Sprecher der Hamburger Innenbehörde sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Aktion zeige, wie konsequent die Soko "Schwarzer Block" an der Aufklärung der Krawalle arbeite.

Nach Informationen des NDR durchsuchte die Polizei 24 Objekte, darunter Privatwohnungen und linke Stadtteilzentren, unter anderem in Göttingen und Stuttgart. Nicht betroffen war demnach das bundesweit bekannte linksautonome Kulturzentrum Rote Flora, das vor allem seit den schweren Krawallen am 7. Juli im Schanzenviertel in die Kritik geraten war. Stattdessen konzentrierte sich die Polizei laut NDR auch auf die linksextreme Gruppierung "Roter Aufbau". Sie hatte während des G20-Gipfels unverhohlen mit Gewalt gedroht.

Die Durchsuchungen erfolgten nach Angaben der Polizei im Zusammenhang mit Ermittlungen zu Ausschreitungen während eines Polizei-Einsatzes in der Straße Rondenbarg im Hamburger Stadtteil Bahrenfeld am Rande des G20-Gipfels. Nach Informationen der Zeitung "Die Welt" ermittelt die Staatsanwaltschaft Hamburg gegen 21 Männer und Frauen wegen schweren Landfriedensbruchs. Von der Razzia erhoffe man sich Beweise für die Ermittlungen zu diesen Vorfällen, wie es weiter hieß.

Bundespolizisten gingen damals gegen etwa 200 Demonstranten vor. Die mit Steinen, Werkzeugen und Böllern bewaffnete Gruppe soll eine Hundertschaft angegriffen haben, die die Straße abgesperrt hatte. Ein teilweise von Medien im Internet veröffentlichtes Einsatzvideo zeigt, wie aus der Gruppe heraus Gegenstände in Richtung der Beamten geworfen werden, Böller sind zu hören. Zugleich ist zu sehen, wie die Bundespolizisten umgehend gegen die Gruppe vorgehen. Mehrere G20-Gegner wurden verletzt. In der Folge entwickelte sich eine Debatte, ob die Bundespolizei zu hart vorgegangen war.

Im Zusammenhang mit Plünderungen von Geschäften bei den G20-Krawallen hatte die Polizei bereits am 27. September 14 Objekte in Hamburg und Schleswig-Holstein durchsucht. Damals erklärte Meyer, die Behörden gingen davon aus, am Ende bei rund 3000 Ermittlungsverfahren zu landen. Es läge eine zweistellige Terabyte-Zahl an Daten vor, darunter gut 25.000 Einzelvideos von Polizeibeamten, sagte Hieber.

Bis Montag hatten die Amtsgerichte 23 mutmaßliche Gewalttäter verurteilt, davon sechs zu Freiheitsstrafen ohne Bewährung. In den übrigen Fällen wurden nach Angaben eines Gerichtssprechers Bewährungsstrafen zwischen 6 und 21 Monaten verhängt. Acht Menschen befänden sich im Zusammenhang mit den G20-Krawallen noch in Untersuchungshaft, sagte der Sprecher am Dienstag.

Die Sonderkommission geht nach NDR-Informationen davon aus, dass Hamburger Linksextremisten eine Rolle bei der Anbahnung der schweren Krawalle vom 6 bis 8. Juli spielten. Es habe eine monatelange Vorbereitung gegeben. "Wir sprechen hier nicht von einer feststrukturierten und auf Dauer vielleicht in jedem Fall angelegten Struktur, das wäre aus meiner Sicht übertrieben. Aber es ist ein Netzwerk, was auf Zeit geknüpft wird", sagte Hieber dem Sender.

Dazu zählt nach NDR-Informationen, dass der am frühen Morgen des 7. Juli durch die Elbchaussee marodierend gezogene schwarze Block wohl auf geheime Depots mit Vermummungsmaterial, schwarzer Kleidung und Pyrotechnik zurückgreifen konnte. Bei dem Zug durch die vornehme Straße an der Elbe brannten zahlreiche Autos.

Hieber sagte dem NDR, dass nach den Erkenntnissen der Polizei militante Proteste von erfahrenen Leuten angeführt worden waren, die sich mit der Situation vor Ort auseinandergesetzt hatten. Das bedeute auch, "dass die Hamburger Szene speziell Verantwortung getragen hat für Logistik in allen Bereichen".