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Gebühren Chaos um Straßenausbaubeiträge

Seit November ist klar: Auch Sachsen-Anhalt schafft die Straßenausbaubeiträge ab. Doch wer wird entlastet?

Von Jens Schmidt 14.01.2020, 00:01

Magdeburg l Am 11. November vollzog die CDU die Kehrtwende: „Die Straßenausbaubeiträge werden abgeschafft“, sagte Fraktionschef Siegfried Borgwardt. Koalitionspartner SPD und Grüne forderten das schon lange. Werden Anliegerstraßen runderneuert, müssen Anlieger nichts mehr zahlen. Nun geht es um die Feinheiten. Ab wann gilt die Kostenfreiheit?

Die CDU schlug 2021 vor. Die SPD tendiert zu einem rückwirkenden Stichtag Anfang 2020. Eine Volksinititiatve und die Linke wollen den 1. Januar 2019. Doch die Gesetzgebung stockt. Bis heute ist nichts klar. Das hat Auswirkungen. Vielerorts dreht sich kein Rad mehr. Stendal etwa hat für zwei Jahre alle Straßenbauvorhaben auf Eis gelegt.

Vom Stichtag hängt viel ab – bis hin zur Existenz. Beispiel Wörlitz. Petra Dräger-Röder hat für ihren Holzmarkt bereits Straßenausbau-Rechnungen von 84 000 Euro von der Gemeinde erhalten. 29.000 Euro zahlt sie derzeit noch ab. Dafür hat sie Kredite aufgenommen. Sollte der Stichtag auf nach 2019 fallen, sind künftig weitere 52.000 Euro fällig. „Die kann meine Firma dann nicht mehr stemmen“, sagt die Chefin. Sie beschäftigt 7 Mitarbeiter. Auch für „normale“ Hauseigentümer geht es ums Detail. Denn klar ist: Nur jene Ausbauten sind gratis, die noch nicht abgeschlossen sind.

Aber was heißt das? Ein Kriterium wäre die Abschlussrechnung des Bauunternehmens. Beispiel Burg. Die Flämingstraße ist seit Dezember saniert. Die Abschlussrechnung liegt noch nicht vor. Das dauert meistens ein paar Monate. Beschließt der Landtag als Stichtag zum Beispiel den 1.1.2020 und flattert die Rechnung im Mai im Burger Rathaus ein, sind die Anlieger fein raus. Liegt der Stichtag später, müssen sie zahlen.

Die Koalition bildete eine Arbeitsgruppe, um das Gesetz auszuarbeiten. Die Fachpolitiker beauftragten das Innenministerium von Holger Stahlknecht (CDU) im November, Daten vorzulegen. Wie machen es andere Länder? Wo drohen juristische Fallstricke? Das Papier sollte bis 13. Dezember vorliegen. Nichts kam an. Die erste Sitzung der Gruppe war für den 16. Dezember angesetzt: Ausgefallen.

Die Koalition mahnte das Ministerium an, die Daten nun bis morgen vorzulegen. „Wir brauchen bald eine Lösung“, sagt ein sichtlich genervter Rüdiger Erben (SPD). „Der Zeitdruck ist groß“, meint auch Finanzpolitiker Olaf Meister (Grüne). Etwa 40 Millionen Euro braucht die Landeskasse für die Entlastung. Im März soll der neue Etat beschlossen werden.

Druck macht auch die Volksinitiative aus Freien Wählern und einer Bürgerallianz. Sie sammelte 38.000 Unterschriften. Sind mindestens 30.000 gültig, darf sie bald in der Landtagssitzung auftreten und ihre Forderungen aufmachen. Der Landtag prüft derzeit die Korrektheit der Listen. Diese Woche liegt das Ergebnis vor.