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Handelsverband und Gastronomen fordern vernünftige Lösungen / Städte wie Wernigerode nehmen 150 000 Euro im Jahr ein Gebühren für Tische und Markisen: Gastwirte sauer auf Gemeinden

Von Klaus-Peter Voigt 10.04.2012, 03:26

Magdeburg (dapd) l Sachsen-Anhalts Städte bitten Einzelhändler und Gastronomen für die Nutzung öffentlicher Straßen zur Kasse. Warenständer, Tische und Stühle vor Cafés kosten ebenso wie Blumenständer Gebühren, die in die kommunalen Kassen fließen. Der Handelsverband kritisiert die Erhebung als undifferenziert, wie Landesgeschäftsführer Knut Bernsen sagte. Er forderte mehr Konzepte für attraktive Innenstädte, die den Einzelhändlern auch Freiräume gewähren.

Blumendekorationen oder eine Bank, die Spaziergänger zur Rast einlädt, müssten von den Gebühren ausgenommen werden, sagte Bernsen. Auch sei es absurd, wenn in einigen Orten selbst das Anbringen einer Markise zur "Geldbeschaffung" für die öffentlichen Haushalte diene.

Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) sieht die Abgaben ebenfalls kritisch. Hauptgeschäftsführer Wolfgang Schildhauer sagte, diese machten der Branche zu schaffen. Er nannte die Erhebung "kontraproduktiv", zumal die Freiflächen in Mitteldeutschland nur relativ kurze Zeit genutzt würden. Es sei ärgerlich, wenn selbst für einen Sonnenschutz, Markisen oder Restaurantschilder mitunter eine "Luftsteuer" erhoben werde.

Der Handelsverband sprach sich dafür aus, unbürokratische Regelungen zu schaffen, die die Interessen beider Seiten berücksichtigten. Mehr Ausnahmen als bisher könnten die Initiative der Geschäftsleute anregen, etwas für ein ansprechendes Ortsbild zu tun. Gleichzeitig müsse es um klare Regelungen gehen, damit "Straßen nicht zugebaut" würden.

Fahrradständer mit Werbung kostet Geld

Im Durchschnitt der vergangenen Jahre hatte allein die Lutherstadt Wittenberg durch die Sondernutzungsgebühren jährliche Einnahmen von rund 40.000 Euro. Dazu gehörten allerdings nicht nur Gebühren für Werbeaufsteller und Straßencafés, sondern auch für Baustellen und Ähnliches, sagte Rathaussprecherin Andrea Busch. Markisen oder Sonnenschutzdächer bedürften keiner Erlaubnis und kosteten deshalb auch keine Gebühren. Das Anbringen einer Werbung an der eigenen Fassade fällt den Angaben zufolge nicht unter die Sondernutzung, aber für das Aufstellen eines Werbeaufstellers auf dem Gehweg muss eine Erlaubnis beantragt werden. Bei Fahrradständern werde zwischen werbefreien und solchen mit Werbung unterschieden - nur für letztere würden Gebühren fällig.

In Wernigerode sei das Stadtgebiet in drei Zonen eingeteilt, erklärte Winnie Zagrodnik von der Rathauspressestelle. Die sogenannte "A-Lage" umfasse den Bereich des Marktplatzes und einen Großteil der Fußgängerzone. Zahlt ein Gastronom beispielsweise für einen Quadratmeter, auf denen er außerhalb Stühle aufstellt, in bester Lage fünf Euro im Monat, so ist es in anderen Ortsteilen nur ein Euro. Für einen beweglichen Werbeaufsteller werden in der "A-Lage" 30 Euro monatlich fällig, weiter außerhalb nur 10. Die Gesamteinnahmen aus den Sondernutzungen, auch für Gerüststellungen oder Plakatwerbung, lagen in Wernigerode 2011 bei 150 000 Euro.

Magdeburg zeigt sich vergleichsweise großzügig

In Naumburg bringen die Gebühren 15.000 Euro im Jahr. Warenauslagen in guter Lage kosten zum Beispiel monatlich einen Euro je Quadratmeter. Pressesprecher Felix Müller weist darauf hin, dass etwa Fahrradständer nicht davon betroffen seien. Die Stadt wolle auf diese Weise bürgerfreundlich sein und denkt auch an die sanierten Fassaden. In Halle werden zwischen 31,25 und 50 Euro für Markisen, Dächer oder sogenannte Nasenschilder, die an Hauswänden auf eine Gaststätte oder ein Geschäft hinweisen, fällig, sagte Pressesprecherin Ria Steppan. Für die Aufstellung von Fahrradständern ohne Werbung werden keine Sondernutzungsgebühren erhoben. Die Gesamteinnahmen der Kommune aus den Gebühren hätten 2011 bei rund 110 000 Euro gelegen.

Magdeburg zeigt sich vergleichsweise großzügig: Für Fahrradständer mit Eigenwerbung sowie Blumen- und Pflanzschalen werde eine Sondernutzungserlaubnis benötigt, Gebühren erhebe die Stadt dafür jedoch nicht, sagte Rathaussprecher Michael Reif.