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Gesetzesvorstoß Kita Gegenwind für Grimm-Benne

Magdeburg: Die unabgestimmte Vorstellung des Kifög-Entwurfs durch das Sozialministerium verärgert Koalitionspartner und Kommunen.

Von Alexander Walter 11.08.2017, 01:01

Magdeburg l Es dauerte keine Stunde bis zur Reaktion. Mit einer scharf formulierten Mitteilung antwortete Donnerstagmittag der Koalitionspartner CDU auf die soeben von Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD) vorgestellten Eckpunkte fürs neue Kifög:

„Es wird genau zu prüfen sein, welche finanziellen Auswirkungen die Vorschläge auf den Landeshaushalt sowie Landkreise, Kommunen und Eltern haben“, sagte der sozialpolitische Sprecher Tobias Krull. Eine umfangreiche Diskussion habe Vorrang gegenüber schnellen, aber möglicherweise „unreifen Entscheidungen.“

Für die Grünen greifen die Vorschläge zu kurz. Die Idee etwa, Mehrkindfamilien zu entlasten, „hilft keiner Alleinerziehenden mit einem Kind“, sagte Fraktionschefin Cornelia Lüddemann. "Die Vorschläge aus dem Sozialministerium nehmen wir als ersten Aufschlag", ergänzte sie. Bei Änderungen müsse ein breiter Konsens im Vordergrund stehen.

Grimm-Benne will, dass Familien nur noch für ein Kind Beiträge zahlen und die Geschwister gratis betreut werden.

Monika Hohmann, familienpolitische Sprecherin der oppositionellen Linken, kritisierte: Die Ideen der Sozialministerin änderten nichts daran, dass die Gemeinden weiter Kostenlücken bei der Finanzierung von Kita-Plätzen füllen müssten. So sollen Städte und Gemeinden auch künftig Pauschalen vom Land und dem Landkreis für jedes Kind erhalten. Decken die Zuschüsse die tatsächlichen Kosten nicht, sollen Eltern und Gemeinden sich die Kosten weiter teilen.

Allein der Passus, dass die Gemeinden dabei mindestens 50 Prozent der Summe zu tragen haben (50-Prozent-Regel), soll künftig entfallen. Es gebe Anlass zur Sorge, dass damit die Chance vertan werde, die Kita-Finanzierung transparenter zu gestalten, sagte Hohmann.

Unterstützung erhält die Sozialministerin aus der eigenen Partei. Die Überarbeitung des KiföG sei eines der wichtigsten Vorhaben der SPD in dieser Wahlperiode, sagte Fraktionsvorsitzende Katja Pähle. „Was die Sozialministerin vorschlägt, bringt Eltern und Kommunen deutliche finanzielle Entlastungen“, sagte sie. Zustimmung kommt auch aus der AfD. Die Vorschläge seien „ein erster wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer beitragsfreien Kita-Betreuung“, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Tobias Rausch.

Vertreter der kommunalen Spitzenverbände äußerten sich überrascht über den Zeitpunkt der Veröffentlichung. Noch im Juni habe die Sozialministerin im Landtag bekräftigt, vor der Vorlage eines Kifög-Gesetzentwurfes ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts abwarten zu wollen, sagte Michael Ziche, Präsident des Landkreistages.

Hintergrund: Acht Gemeinden haben vor dem Bundesverfassungsgericht dagegen geklagt, dass ihnen mit Einführung des Kifög 2013 die Zuständigkeit für die Kita-Betreuung entzogen und an die Landkreise übertragen wurde. Ein Urteil steht noch aus. Das Sozialministerium plant für das neue Kifög dennoch schon jetzt, die Zuständigkeit bei den Landkreisen belassen, will die Gemeinden aber stärker einbeziehen.„Der Landkreistag erwartet, dass die Gemeinden wieder in den Mittelpunkt der Kinderbetreuungsaufgabe gestellt werden“, sagte Ziche dazu.

Ähnlich äußerte sich Lutz Trümper, Präsident des Städte- und Gemeindebunds: „Eine klare Aufgabenzuweisung zu den Städten und Gemeinden hätte eine Signalwirkung gehabt“ sagte er. Ziche forderte außerdem: Gesetzesänderungen dürften keine Kosten auf die Kommunen verschieben.

Notwendig wurde die Überarbeitung des Kifögs nach einem Urteil des Landesverfassungsgerichts. Dieses hatte die 50-Prozent-Regel 2015 für verfassungswidrig erklärt und das Land aufgefordert, die Finanzierung der Kita-Betreuung bis Ende 2017 neu zu regeln.

Seit Einführung des Kifög haben Kinder bis zur siebten Klasse in Sachsen-Anhalt Rechtsanspruch auf einen Ganztagsbetreuungsplatz. Derzeit besuchen rund 146.000 Kinder 1774 Tagesstätten im Land. Das sind 8500 mehr als noch 2013.